Jede Trächtigkeit birgt ein erhebliches, gesundheitliches Risiko für das Muttertier und die Ungeborenen. Es sind unterschiedlichste Komplikationen in der Fachliteratur, durch Züchter und durch Notstationen dokumentiert.

Im Folgenden werden die häufigsten Probleme beschrieben um aufzuzeigen, dass eine Trächtigkeit nicht immer etwas Schönes ist und mit niedlichen Jungtieren einer gesunden Mutter endet. Man kann dabei auch schlimmstenfalls das Weibchen und die Jungtiere verlieren und darüber sollte sich jeder der mit dem Gedanken spielt, zu züchten oder auch nur „einmal Babys zu haben“ im Klaren sein.

Man sollte sich gründlich vorbereiten, die Nummer eines erfahrenen Tierarztes (mit Nacht- und Notdiensten) bereit legen und sich intensiv mit dem Thema beschäftigen, um evtl. auftretende Komplikationen auch frühzeitig als solche zu erkennen und entsprechend handeln zu können.

Gebärmutterentzündung (Pyometra)

Ein Deckakt birgt auch immer ein Infektionsrisiko. Ist das Weibchen angeschlagen oder stimmen die hygienischen Bedingungen der Zuchtstätte nicht, kann es passieren, dass anstelle einer Trächtigkeit eine Gebärmutterentzündung ensteht. Auch sehr frühes Absterben der Früchte (weit bevor man eine Trächtigkeit tastet) kann eine Gebärmutterentzündung zur Folge haben. Dabei füllen sich die Gebärmutterhörner mit Entzündungssekret und Eiter.

Es gibt die geschlossene und die offene Variante der Gebärmutterentzündung.
Die offene Variante ist hierbei prognostisch günstiger, da das Entzündungssekret ablaufen kann und der Halter auch recht früh auf den meist übelriechenden, blutig bis eitrigen Ausfluss aufmerksam wird.
Weitere Symptome können Fressunlust, Fieber, vermehrtes Trinken und allgemeine Schwäche sein. Eine tierärztliche Behandlung mit Antibiotika und Entzündungshemmer ist angezeigt!

Die geschlossene Variante der Gebärmutterentzündung ist tückischer, da ihre Symptome meist nicht eindeutig sind und erst recht spät erkannt werden. Hierbei ist der Muttermund geschlossen, sodass das Entzündungssekret nicht ablaufen kann, sondern sich die Gebärmutter immer weiter füllt. Soweit bis eine deutliche Bauchumfangszunahme erkennbar ist.

ACHTUNG! Verwechslungsgefahr mit einer Trächtigkeit!

Zeigt das Tier dazu die oben genannten Symptome, ist Eile geboten. Eine geschlossene Pyometra ist ein Notfall und meist nur durch eine Kastration zu beheben. Es besteht mit ihrem Fortschreiten die Gefahr, dass die entzündete Gebärmutter porös wird und reißt was das Todesurteil für das betroffene Tier bedeutet.

Resorption von Jungtieren

In der frühen Phase der Trächtigkeit hat der Körper des Muttertiers die Möglichkeit, die Früchte zu resorbieren. Nicht lebensfähige Feten werden schlicht vom Körper „zurückgebaut“ und bergen so kein Risiko für das Muttertier. Die Resorption kann einzelne Jungtiere oder auch ganze Würfe betreffen, sodass die Verpaarung nach außen hin nicht erfolgreich scheint. Als Ursachen hierfür werden genetisch nicht passende Verpaarungen oder Stress vermutet.

Stirbt ein Jungtier ab, wenn die Skelettentwickung bereits fortgeschritten ist, versucht der Körper auch dieses zu resorbieren, um eine Vergiftung des Muttertiers durch den verwesenden Fötus zu vermeiden. Hierbei können allerdings nur die Weichteile rückresorbiert werden und es entsteht eine kleine, für die Mutter ungefährliche „Mumie“ – die Steinfrucht.

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Steinfurcht eines Jungtieres das ca. 2 Wochen vor der Geburt abstarb.

Das abgestorbene Jungtier stellt so kein Infektionsrisiko mehr dar und die anderen Jungtiere können vollständig ausgetragen werden. Die Steinfrucht wird meist zusammen mit den lebensfähigen Jungtieren geboren und das Muttertier nimmt keinen Schaden. Allerdings kann es auch passieren, dass diese harten, unflexiblen Gebilde die Geburtswege blockieren und einen Kaiserschnitt nötig machen.

Früh- und Totgeburten

Beim Meerschweinchen kommt es recht häufig vor, dass ein Muttertier ihren Wurf nicht erfolgreich austragen kann. Die Gründe hierfür reichen von Stress über Infektionen, Hormonstörungen bis hin zu Missbildungen der Gebärmutter oder der Jungtiere.

Erste Anzeichen dafür das etwas nicht in Ordnung ist, sind zumeist Blutungen aus der Scheide, das Ausbleiben der Jungtierbewegungen oder Veränderungen im Allgemeinbefinden des Muttertiers.

Meist wird eine Früh- oder Fehlgeburt durch das Absterben eines oder mehrerer Jungtiere ausgelöst. Schafft der Körper es nicht (oder nicht schnell genug), die Weichteile zu resobieren, sorgt die fortschreitende Verwesung in der Gebärmutter bestenfalls für das frühzeitige Einsetzen der Wehen, um eine Vergiftung des Muttertiers abzuwenden. Würde dies nicht geschehen, würde das Muttertier an einer Sepsis sterben.

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Fehlgeburt ca. 1 Woche vor dem errechneten Termin – von links: Steinfrucht , unvollständig resobiertes Jungtier (vermutlich der Abortgrund) und 2 intakte aber noch nicht lebensfähige Jungtiere (m/w)

Eine Fehlgeburt birgt, je nach Trächtigkeitsphase, erhebliche Risiken. Setzen die Wehen zu einem recht späten Zeitpunkt der Trächtigkeit verfrüht ein, so kann es sein, dass die Jungtiere nicht durch das unvollständig geöffnete Becken passen und somit nicht ausgetrieben werden können. Ein Szenario welches ebenfalls einen Notfallkaiserschnitt zur Folge hat, um das Muttertier zu retten.
Eine Fehlgeburt zu einem früheren Zeitpunkt hinterlässt zumeist nur Spuren im Streu und ein erschöpftes Muttertier.
Das Muttertier ist daraufhin einem Tierarzt vorzustellen. Oft genügen die Wehen nicht, um wirklich alles auszutreiben, was die Gefahr einer Gebärmutterentzündung mit sich bringt, sodass dieser Prozess mit Medikamenten unterstützt werden muss. Es ist durchaus sinnvoll, das Abort“material“ oder einen Vaginalabstrich durch ein Labor untersuchen zu lassen, um infektiöse Ursachen auszuschließen bzw. nachzuweisen und gezielt behandeln zu können.
Bakterielle Erreger wie z.B. Mykoplasmen sind in Meerschweinchenzuchten recht verbreitet und häufig Ursache für Fehlgeburten.

Als Totgeburten werden Jungtiere bezeichnet, welche die termingerechte Geburt aus unterschiedlichen Gründen nicht überleben. Dies ist wohl die häufigste Komplikation bei Meerschweinchengeburten. Sie trifft auch völlig gesunde Würfe und am häufigsten Erstgebärende.

Mögliche Ursachen:

  • Die Jungtiere sind sehr groß und die Geburt dauert zu lange, sodass das letzte Jungtier zu lange im Mutterleib verbleibt und keinen Sauerstoff bekommt.
  • Die Geburt geht zu schnell und das Muttertier ist mit dem Auspacken der Jungtiere aus den Fruchthüllen zu lange beschäftig. Das unerfahrene Muttertier eröffnet die Fruchthülle zuerst von hinten o. ä. dabei erstickt das Jungtier in der Fruchthülle.
  • Steißlage – Das Jungtier wird mit den Füßen voran geboren und die Sauerstoffzufuhr wird abgeschnitten bevor es vollständig zur Welt kommt.
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lebensfähiges, weibliches Jungtier – Steißgeburt und mit 133g sehr groß für das Muttertier – Es steckte trotz Geburtshilfe ca. 4 min im Geburtskanal fest und die anschließende Reanimation bleibt erfolglos.

Leider genügen bei neugeborenen Meerschweinchen schon kürzeste Komplikationen, um den Tod unter der Geburt herbeizuführen. Die genannten Szenarien (und einige mehr) wären mit menschlicher Hilfe oft zu bewältigen, diese kann allerdings nur in den wenigsten Fällen gewährleistet werden, da man unmöglich bei jeder Geburt anwesend sein kann. Und selbst unter Hilfe ist nicht jedes Problem schnell genug zu lösen.

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voll entwickeltes männliches Jungtier aus einem 3er-Wurf (GG: 105 g) – tot aufgefunden
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voll entwickeltes männliches Jungtier aus 5er-Wurf (GG: 106 g) – tot aufgefunden

 

 

Trächtigkeitstoxikose

Die Toxikose ist die wohl bekannteste und auch gefürchteste Komplikation, die beim trächtigen Weibchen auftreten kann. Es handelt sich um eine Stoffwechselentgleisung, welche leider in den meisten Fällen zum Tod der Mutter und der Jungtiere führt. Nur ein sehr frühes Eingreifen birgt die Chance auf Rettung des Muttertieres.

Die Auslöser einer Toxikose sind recht vielfältig. Meist liegt falsches Fütterungs- oder Zuchtmanagement zugrunde. Übergewichtige Weibchen sind besonders oft betroffen und sollten daher keinesfalls zur Zucht herangezogen werden. Aber auch Bewegungsmangel, Stress, Vitamin C-Mangel, Infektionen, Vergiftungen und drastische Futterumstellungen begünstigen das Entstehen einer Toxikose.

Die Erkrankung nimmt, wenn die ersten Anzeichen übersehen werden, einen akuten Verlauf an dessen Ende der Tod des Weibchens steht. Die ersten sichtbaren Anzeichen sind eine deutliche Gewichtsreduktion in einer Trächtigkeitsphase in der das Muttertier eigentlich tgl. zunehmen sollte (seltener tritt sie einige Tage nach der Geburt auf). Zügig folgen Fressunlust, Apathie und das Weibchen hockt mit gesträubtem Fell in einer geschützten Ecke. Ab diesem Stadium ist die Prognose leider schon sehr ungünstig, die Jungtiere sterben ab und das Muttertier folgt rasch.
Es ist dringend umgehend ein Tierarzt aufzusuchen, um einen Therapieversuch mit Infusionen (Vollelektrolytlösung, Vitamin-B-Komplex und ggf. Antibiotika) zu starten. Als erste Maßnahme zu Hause kann man das Energiedefizit über die Gabe von Traubenzucker- oder Honigwasser ausgleichen und somit die Schäden reduzieren. Außerdem ist es sinnvoll, den Darm zu schützen und die Giftstoffe zu binden, die durch die Entgleisung der Darmflora entstehen. Dies entlastet die Stoffwechselorgane sekundär und verbessert die Prognose. Hierfür eignen sich Huminsäurepräparate oder Heilerde-Apfelpektin-Mischungen, die gleichzeitig evtl. auftretenden Durchfall behandeln.

Sollten unter Toxikosesymptomen lebende Jungtiere geboren werden, leiden diese zwangsläufig unter einer Ketoazidose, sind unterzuckert, zittrig und lebensschwach. Man kann versuchen, diesen Jungtieren mit Traubenzuckerlösung oder Honigwasser auf die Sprünge zu helfen, aber die Prognose ist leider eher ungünstig.

Was geschieht im Körper des Muttertieres?

Das Weibchen benötigt in der letzten Phase der Trächtigkeit sehr viel Energie für sich und seine Jungtiere. Kommt es zu dieser Zeit zu einem Energiemangel, versucht der Körper diesen über die Mobilisation körpereigener Fettreserven auszugleichen. Dieses Fett wird in die Leber transporiert, um dort in verfügbare Engergie umgebaut zu werden. Durch diese „Überschwemmung“ mit Fett entsteht eine akute Fettleber, die nicht mehr effizient arbeiten kann. Es werden Ketonkörper frei, welche die Körperflüssigkeiten stark ansäuren. Über einen Harnteststreifen sind eine starke Senkung des pH-Wertes und die Ausscheidung von Ketonkörpern festzustellen. Es entsteht eine Ketoazidose, das Tier vergiftet innerlich und es kommt zu einem azetonähnlichen Geruch der ausgeatmeten Luft (riecht nach Nagellackentferner).
Die Gifte überschwemmen den Organismus, die Feten sterben ab und es bilden sich weitere Gifte, mit denen das Muttertier nicht mehr fertig werden kann. Die Apathie steigert sich zum Delirium und endet schließlich im Tod des Tieres.

Was sind die häufigsten Ursachen?

  • Übergewicht: Das Weibchen sollte vor einer Verpaarung nicht zu schwer sein. (je nach Körpergröße nicht über 900-1200g)
  • Fütterungsfehler: Das Weibchen darf vor und in der ersten Phase der Trächtigkeit nicht zu energiereich gefüttert werden, da sonst die Energiedichte zum Ende der Trächtigkeit nicht mehr genügt. Ein gesundes Weibchen benötigt bei abwechslungsreicher Frischfütterung (v.a. Wiesenfutter) nicht zwingend einen Kraftfutterzusatz während der Trächtigkeit!
  • Stress: Alles was das Tier in der letzten Phase der Trächtigkeit stressen kann, ist zu vermeiden, Stallklimawechsel, Vergesellschaftungen, Gehegewechsel oder gar Separieren können zu reduzierter Futteraufnahme führen und den Stoffwechsel entgleisen lassen.
  • Hitze: Sommerliche Höchsttemperaturen sind für Meerschweinchen eine enorme Belastung. Für hochtragende Weibchen können sie sehr gefährlich werden. Und so kommt es vor allem im Hochsommer zu vielen Verlusten in der Zucht. Kann nicht für eine kühle Unterbringung gesorgt werden, so ist es ratsam, den Zuchtplan so zu gestalten, dass im Hochsommer keine Geburten stattfinden müssen.
  • Bewegungsmangel: Enge Besatzdichte, sozialer Stress oder gar kleine Wurfbuchten schränken die Tiere in der Bewegung stark ein und begünstigen so die Toxikoseentstehung.
  • Vergiftung: Sind alle genannten Punkte nicht zutreffend, muss auch immer an eine Vergiftung gedacht werden, besonders Mykotoxine aus Fertigfutter (Stichwort: Mutterkorn) oder schlecht gelagertem Heu spielen hier eine Rolle.

Wie kann man vorbeugen?

Die beste Vorbeugung besteht natürlich in der Optimierung von Haltung und Fütterung und in der Vermeidung von groben Fehlern. Außerdem sorgt eine engmaschige, stressarme Gewichtskontrolle in den letzten Trächtigkeitswochen dafür, dass im Notfall schneller eingegriffen werden kann. Wird ein Gewichtsverlust (ohne sonstige Symptome) bemerkt, schadet es nicht dem Muttertier vorsorglich einige Milliliter Traubenzuckerlösung oder Honigwasser einzugeben, bevor man den Tierarzt hinzuzieht. Dies kann mitunter einen wichtigen Impuls setzen und die drohende Toxikose abwenden bzw. die Prognose deutlich verbessern.

Eine Toxikose kann auch ohne Trächtigkeit auftreten und besonders übergewichtige Tiere treffen, die aus irgendwelchen Gründen plötzlich nicht mehr genug Nahrung aufnehmen!

Alle beschriebenen Erstmaßnahmen sind absolut als solche zu verstehen. Bei Anzeichen für eine Toxikose muss das Tier nach dieser Erstversorgung umgehend einem Tierarzt vorgestellt werden. Die Tipps dienen ausschließlich der ersten Stabilisierung!

Doppelbelegung

Bei der Doppelbelegung handelt es sich um ein Phänomen, welches bei allen Tierarten vorkommen kann, die einen paarig angelegten Uterus haben. Natürlicher Weise kommt es nach einem erfolgreichen Deckakt bis zur Geburt nicht mehr zur Brunst, selten ist dies aber einer Störung unterlegen.
Dabei kommt es einen (selten auch mehrere) Zyklus nach erfolgreicher Belegung zu einer erneuten Brunst und damit auch zu einem erneuten erfolgreichen Deckakt, wenn der Bock noch beim Weibchen sitzt. Es reifen somit Feten unterschiedlichen Entwicklungsstandes in den unterschiedlichen Gebärmutterhörnern heran. Diese können (je nach Verpaarungsmanagement) theoretisch auch von zwei unterschiedlichen Vätern sein.

Bemerkt wird dieses Phänomen frühestens bei der Geburt des älteren Wurfes, durch die Wehen gehen in den meisten Fällen auch die unfertigen Jungtiere aus dem anderen Gebärmutterhorn mit ab und man sieht sich mit der Geburt sowohl vollständig entwickelter, als auch frühgeborener (nicht lebensfähiger) Jungtiere konfrontiert.

In sehr seltenen Fällen ist es beschrieben, dass ein Muttertier „plötzlich“ noch während der Aufzucht des Wurfes einen zweiten gesund zur Welt brachte. Dies ist nur dadurch zu erklären, dass die Feten aus der Zweitbelegung die Wehen der ersten Geburt überstanden haben und normal ausreifen konnten.

Für das Muttertier ist diese „Laune der Natur“ natürlich eine erhebliche Belastung.

Gebärmutterdrehung (Torsio uteri)

Eine seltene, aber sehr dramatische Trächtigkeitskomplikation ist die Gebärmutterdrehung. Durch das, im Verhältnis zum Muttertier, sehr hohe Gewicht und Volumen der Gebärmutterhörner ist eine Verdrehung der Hörner in sich oder einer kompletten Drehung und damit Verschluss des Muttermundes möglich.

Eine Gebärmutterdrehung ist ein akuter Notfall, welcher mit schnell eintretendem starken Unwohlsein des Muttertieres bis zum Schock einhergeht. Durch das Abschnüren der Blutversorgung kommt für die Jungtiere meist jede Hilfe zu spät und auch das Muttertier kann nur durch einen Notkaiserschnitt gerettet werden, wenn ihr Allgemeinbefinden den Eingriff noch zulässt. Ansonsten bleibt nur das Erlösen des Tieres.

Aus diesem Grunde ist es zwingend zu vermeiden hochträchtige Weibchen auf den Rücken zu drehen, steil aufzusetzen oder bewegungsintensiv zu transportieren!

Geburtsstockung / Wehenschwäche

Ist das Weibchen in der Geburt und es hat plötzlich keine oder nur noch sehr schwache Wehen besteht Handlungsbedarf. Für Wehenschwäche ist nicht selten ein Energie- bzw. Kalziummangel verantwortlich. Erfahrene Züchter können hier durch die Gabe von schnell verfügbarer Energie (Traubenzucker oder Honig gelöst in Wasser) und oralen Kalzium-Präparaten zügig eingreifen. Auch das homöopathische Komplexmittel Metrovetsan® hat sich in solchen Fällen erfahrungsgemäß als sehr nützlich erwiesen.
Der Weg zum Tierarzt sollte dennoch angetreten werden, hierfür ist ein großes Transportbehältnis zu wählen (Einkaufsklappbox) welches mind. zur Hälfte zugehängt wird. Dies ermöglicht dem Weibchen ggf. seine Jungtiere unterwegs geschützt zu gebären, wenn die Mittel greifen. Greifen sie nicht, hat man keine Zeit verloren und der Tierarzt kann mit wehenfördernden Medikamenten einschreiten bzw. einen Kaiserschnitt durchführen.

Kommt es trotz vorhandener, starker Wehen zu einer Stockung, ist davon auszugehen, dass ein Jungtier im Geburtskanal feststeckt. Ist es bereits zu sehen, oder zuimdest mit dem Finger zu ertasten, kann man (sofern man es sich zutraut) versuchen, das Muttertier mit leichtem Zug am Jungtier zu unterstützen. Hierfür hakt man am besten die Fingernägel in die Zähnchen des Jungtieres ein, so ist die Verletzungsgefahr am geringsten. Es ist sehr wichtig, nicht zu kräftig zu ziehen, sondern nur Wehe für Wehe ein wenig zu unterstützen und dabei die Geburtswege gleitfähig zu halten (Gleitgel oder notfalls Speiseöl). Das Hauptaugenmerk sollte immer auf der Unversehrtheit der Mutter liegen, da Verletzungen der Geburtswege sehr dramatisch sein können, muss im Zweifel der Tod des Jungtieres in Kauf genommen werden.
Kann man die Stockung nicht binnen weniger Minuten durch sanfte Unterstützung lösen, muss auch hier wieder der sofortige Gang zum Tierarzt angetreten werden, um zumindest das Muttertier zu retten.

Derartige Geburtsstockungen gehen für das Weibchen und seinen Wurf leider häufig nicht gut aus. Der Hauptgrund dafür ist natürlich die schnelle der Geburt und der Fakt, dass der Halter fast nie rechtzeitig eingreifen kann.

Nachwehen / Gebärmuttervorfall (Uterusprolaps)

Eine weitere Geburtskomplikation sind zu starke oder zu lang anhaltende Wehen. Meist sind anhaltende Nachwehen ein Zeichen dafür, dass entweder noch ein Jungtier oder eine Nachgeburt in der Gebärmutter verblieben ist und der Körper versucht dieses abzustoßen. Das Abtasten des Bauches gibt erfahrenen Haltern Aufschluss über die mögliche Ursache und es sollte ein Tierarzt hinzugezogen werden, wenn der Verdacht besteht das noch ein Jungtier verblieben ist oder die Nachwehen länger als 30 Minuten anhalten.

Setzen sich die Kontraktionen weit über die Geburt und das Abstoßen der Nachgeburten hinaus fort, kann es gefählrich werden. Selten kommt es in Folge dessen zu einem Scheiden- oder schlimmstenfalls zu einem Gebärmuttervorfall, dabei kommt es zu Gewebsausstülpungen, die entweder nur die Scheidenschleimhaut oder auch Muttermund und Teile der Gebärmutterhörner umfassen können. Diese werden durch die anhaltenden Wehen quasi umgestülpt herausgedrückt.

Auch dies ist ein akuter Notfall und muss umgehend einem Tierarzt vorgestellt werden. Auf dem Weg zum Tierarzt ist das vorgefallene Schleimhautgewebe feucht zu halten. Am besten eignet sich dafür sterile Kochsalzlösung die fortlaufend über die Ausstülpung getropft wird um ein Eintrocknen zu verhindern. Auch kann vorsichtig eine durchweichte in Kochsalzlösung getränkte sterile Kompresse (Sanikasten) aufgelegt werden.

Der Tierarzt wird dann entscheiden ob eine konservative Behandlung noch möglich ist, oder eine OP (Kastration) nötig ist. Bei der konservativen Behandlung werden die vorgefallenen Anteile gereinigt, gekühlt und weiter feucht gehalten, bis sie soweit abgeschwollen sind, dass der Tierarzt sie zurückverlagern kann (das Zeitfenster hierfür ist recht eng). Gelingt es dem Tierarzt alles zurückzuverlagern, ist es in manchen Fällen nötig, die Scheide vorübergehend zu vernähen um ein erneutes Ausstülpen zu verhindern. Außderm muss das Tier im Anschluss großzügig mit Antibiotika abgedeckt werden und ist natürlich von jeglicher Weiterzucht ausgeschlossen.

Blutungen

Nachgeburtliche Blutungen sollten nicht länger als ein paar Stunden anhalten. Eine geringe Absonderung von blutigem Sekret ist nach der Geburt im Zuge der Rückbildung der Gebärmutter normal. Halten die Blutungen länger an, kann dies in einem Nachgeburtsverhalten (einer verbliebenen Nachgeburt) begründet sein. Löst sich diese nicht zügig nach der Geburt, stellt sie ein erhebliches Infektionsrisiko dar und es sollte ein Tierarzt hinzugezogen werden.

Blutet das Weibchen nach der Geburt sehr stark (alles was über Schmierblutung und blutigen Schleim hinausgeht), ist umgehend der TA aufzusuchen, da es sich um eine großere Verletzung der Geburtswege handeln kann.

 

Schwäche des Muttertieres (Hypokalzämie)

Auch wenn die Geburt soweit normal verläuft, kann das Weibchen im Anschluss stark geschwächt sein. Ursächlich hierfür ist nicht selten ein Kalziummangel, welcher im Extremfall auch zu Lähmungen und Krämpfen bishin zum Tod des Muttertieres führen kann.
Für die Skelettentwicklung der Jungtiere, die Geburtskontraktionen und die Milchproduktion benötigt das Weibchen große Mengen an Kalzium. Stehen diese nicht über artgemäßes Futter bereit, zehrt das Tier von seinen eigenen Reserven um den Kalziumspiegel im Blut (welcher sehr wichtig für die Muskeltätgkeit – also auch den Herzmuskel ist) stabil zu halten. Dabei wird Kalzium aus den eigenen Knochen gelöst und von anderen wichtigen Prozessen abgezogen, was eine körperliche Krise zur Folge hat.

Einem schwachen Muttertier schnell verfügbare Energie (gelöster Traubenzucker oder Honigwasser) und ein orales Kalzium-Präparat zu verabreichen ist, nach Rücksprache mit dem Tierarzt angezeigt. Treten bereits Lähmungen oder Krämpfe auf, ist dies ein Notfall und das Tier muss umgehend mit Infusionen versorgt werden.

 

Kaiserschnitt

Helfen alle unterstützenden Maßnahmen nichts, muss ein Kaiserschnitt durchgeführt werden, um das Leben des Muttertiers, seltener auch das der Jungtiere, retten zu können.
Dies ist meist der Fall, wenn ein Jungtier durch seine Größe oder einer Querlage (Es rutscht aus seinem Gebärmutterhorn nicht in die Geburtswege, sondern in das gegenüberliegende Gebärmutterhorn und macht die Geburt so unmöglich.) die Geburt zum Stillstand bringt.

Das Tier wird vom Tierarzt schnellstmöglich in Narkose gelegt, der Bauchraum eröffnet und die Gebärmutterhörner vorgelagert. An einer günstigen Stelle werden diese eröffnet, die Jungtiere herausgedrückt und einer Helferin übergeben, die umgehend die Lebensfähigkeit prüfen und mit der Reanimation beginnen. Da die Jungtiere natürlich auch narkotisiert sind bekommen sie i. d. R. ein Gegenmittel und Medikamente zur Atemstimmulanz. Auch eine gezielt in die Nasenspitze gesetzte Akkupunkturnadel kann die ersten Atemzüge sehr erleichtern. Eingeatmetes Fruchtwasser wird abgesaugt und der Kreislauf durch sanftes „rubbeln“ angeregt.

Bei einem Kaiserschnitt ist es sehr ratsam, mit dem Tierarzt zu vereinbaren, das Muttertier gleich zu kastrieren. Die Kastration ist in diesem Fall die kürzere und risikoärmere Operation als die Gebärmutter wieder zu vernähen. Da eine Weiterzucht mit einem Weibchen, welches bereits einen Kaiserschnitt hatte, ohnehin ausgeschlossen ist, gibt es keinen sinnvollen Grund die Gebärmutter im Tier zu belassen. Es hat hingegen Priorität das Muttertier schnellst möglich wieder wach werden zu lassen, um die Überlebenschancen zu erhöhen.

Nach dem Kaiserschnitt muss das Weibchen gut überwacht und die Jungtiere, je nach Kaiserschnittursache, von Hand oder einer Amme aufgezogen werden. Selten schafft es aber auch das Weibchen, sich trotz der schweren Operation um seinen Nachwuchs zu kümmern.

Probleme mit den neugeborenen Jungtieren

Auch mit den Jungtieren können im Zuge der Geburt und in der Aufzuchtszeit einige Komplikationen autreten.
Ist die Mutter unter der Geburt überfordert oder treten andere Probleme auf, ist es nötig, dass der Halter die Jungtiere von den Eihüllen befreit, abnabelt und durch sanftes trocken“rubbeln“ den Kreislauf anregt. Auch ein Absaugen von verschlucktem Fruchtwasser kann im Zuge der Geburtshilfe Leben retten, die eigenen Befindlichkeiten und eventuellen Ekel sollte man hier zurückstellen können.
Das Abnabeln der Jungtiere kann auf unterschiedliche Arten erfolgen. Wer sehr unsicher ist, nimmt einen Bindfaden, bindet die Nabelschnur ca. 1,5 cm vom Bauch des Jungtieres weg ab und schneidet die Enden des Fadens sehr kurz ab. Sobald sich die Mutter um die Jungtiere kümmert, sollte nicht die Gefahr bestehen, dass sie beim Putzen große Stücken eines Bindfadens aufnimmt.
Die schönere und natürlichere Lösung ist, das Reißen der Nabelschnur wie es auch beim normalen Abnabeln geschieht. Dafür hält man die Nabelschnur nahe am Jungtier mit einer Hand fest und reißt mit der anderen den Teil mit der Nachgeburt nahe am haltenden Finger ab. Zieht man die Nabelschnur dabei sehr lang, verschließen sich auch die Blutgefäße.

Es kommt vor, dass lebensschwache Jungtiere geboren werden, die vom Muttertier nicht ausgepackt, beachtet oder geputzt werden. Die Erfahrung zeigt, dass mit diesen Jungtieren in der Regel etwas nicht stimmt. Eine Handaufzucht solcher Kümmerlinge sollte, sofern sich das Muttertier um ihre anderen Jungtiere gut kümmert, kritisch überdacht werden.

Sind die Jungtiere von einer schweren Geburt stark mitgenommen, zittrig und unterzuckert und kommen nicht so recht auf die Beine, ist es sinnvoll sie mit einigen Tropfen Honigwasser „anzuschupsen“. Dies genügt meist schon, um die Lebensgeister zu wecken und so den Verlust eigentlich gesunder, aber erschöpfter Jungtiere zu vermeiden. Solche Jungtiere sollten nicht gleich mit Ersatzmilch versorgt werden, um ihre Verdauung nicht unnötig zu belasten.

Probleme in der Aufzucht

Die Jungtiere sollten ab dem Tag der Geburt engmaschig gewogen und gut beobachtet werden. Kümmert sich das Muttertier um alle Jungtiere? Nehmen alle gleichmäßig zu? Machen die Jungen einen satten und zufriedenen Eindruck oder bedrängen sie die Mutter fortwährend und lautstark?
Liegen hier Auffälligkeiten vor, muss man zuerst an einen Milchmangel der Mutter denken. Auch sie sollte während der Aufzucht regelmäßig untersucht und gewogen werden.

Ob das Weibchen Milch hat, kann man leicht prüfen, indem man sie etwas aufsetzt und das Gesäuge betastet, das Drüsengewebe ist deutlich geschwollen, aber nicht heiß, schmerzhaft oder hart. Die Zitzen sind prall und aufrecht, aber nicht blutig oder verfärbt. Streicht man die Zitzen zwischen den Fingern aus, bilden sich kleine Milchtropfen an der Spitze.
Dann ist alles in Ordnung.
Es ist normal, dass die Jungtiere in den ersten Tagen etwas Gewicht verlieren. Und es ist auch normal, dass das Muttertier nicht sofort nach der Geburt ein sehr pralles Gesäuge hat. Der Milchfluss wird erst durch die Hormone unter der Geburt angeregt und ist meist erst nach 2-3 Tagen stabil auf die Jungtierzahl eingestellt.

Leidet das Weibchen unter Milchmangel, kann man über die Fütterung bestimmter Kräuter und Gemüse eine Erhöhung der Milchproduktion erreichen. Bringt das nichts, kann ein Tierarzt unter Umständen mit einem Hormonpräparat aushelfen. Diese Behandlung ist jedoch nicht zwingend erfolgreich.
Das Zufüttern der Jungtiere von einem flachen Tellerchen mit Aufzuchtsmilch bzw. Brei ist hier einer klassischen Handaufzucht vorzuziehen.

Leidet das Weibchen an einer Gesäugeentzündung ist der Fall deutlich komplizierter. Stellt man fest, dass das Gesäuge (ein- oder beidseitig) hart, geschwollen, heiß oder gar verfärbt ist, oder dass anstelle der Milch ein entzündliches Sekret abgesondert wird, ist sofort der Gang zum Tierarzt anzutreten.
Außerdem sind die Jungtiere vorerst auf Sicht- und Schnupperkontakt vom Muttertier zu trennen, damit sie kein Entzündungssekret aus dem Gesäuge aufnehmen und die Entzündung durch die Manipulation nicht verschlimmern.
Das Weibchen wird in einem solchen Fall mit Antibiotika, Schmerzmittel und einem Hormonpräparat versorgt, welches den Milchfluss stoppt. Für die weitere Aufzuchtszeit bietet es sich an, dem Weibchen einen Bauchverband bzw. Sockenbody anzulegen.

Dieser hat zwei entscheidende Vorteile:

  1. Er ermöglicht das weitere Zusammenleben des Weibchens mit seinem Nachwuchs (trotz nötiger Handaufzucht bzw. Zufütterung), ohne dass die Jungtiere Schaden durch die infizierte Milch nehmen oder sich der Zustand der Mutter durch die Manipulation verschlechtert.
  2. Man kann unter dem Body Kompressen mit kühlenden Quarkverbänden oder notwendiger lokaler Antibiose anbringen.

Selten verlaufen Gesäugeentzündungen auch kompliziert und es kann zur Abszessbildung der verstopften Milchgänge kommen. Dies hat dann eine langwirige Wundversorgung oder gar eine Operation zur Folge.

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Weiterführende Informationen über mögliche Gendefekte oder Handaufzucht von Jungtieren findet ihr HIER.