Übersicht über die Seite:
- Pellets, Mischfutter und Meerschweinchenfutter
- Folge-Erkrankungen der Trockenfutter-Fütterung
- Aus was besteht Trockenfutter?
- Beschaffenheit & Struktur sind bedeutend
- Was wird dem Futter an Zusatzstoffen zugesetzt?
- Ernährungsphysiologische Zusatzstoffe
- Zusatzstoffe für das menschliche Auge
- Zusatzstoffe für den Geschmack
- Sind Zusatzstoffe schädlich?
- Vitaminisiertes Strukturfutter – ist ein solches Futter sinnvoll?
- Der Mythos vom gesunden „Getreidefreien Trockenfutter“
- Weiterführende Links
Pellets, Mischfutter und Meerschweinchenfutter
Im Handel werden alle Arten von „Alleinfuttermitteln“ und Mischfuttern für Meerschweinchen angeboten. Die Hersteller werben mit Extra-Vitaminen und Nährstoffreichtum auf den bunten Verpackungen.
Folge-Erkrankungen der Trockenfutter-Fütterung
Die Liste von Folgeerkrankungen, die durch Trockenfutterernährung begünstigt und ausgelöst werden, ist lang.
Zahnerkrankungen: nur 20% sieht man beim sorgfältigen Blick ins Maul, die anderen 80% nur durch die Mauluntersuchung in Narkose und mehrere Röntgenbilder des Kopfes aus versch. Ebenen und entsprechender Auswertung. Zahnwurzelerkrankungen sind eine häufige Folge der Trockenfutterfütterung und werden im fortgeschrittenen Stadium teils durch Abszesse sichtbar. Auch Unverträglichkeiten gegenüber viel Frischfutter oder generell gegen Frisches ist ein typisches Zeichen für Zahnerkrankungen! Durch Trockenfutter ist das Meerschweinchen schneller satt (dafür reichen schon kleine Mengen, ein El am Tag führt dazu, dass das Meerschweinchen weniger als die Hälfte an Grünfutter frisst!). Dadurch werden die lebenslang nachwachsenden Zähne nicht mehr abgerieben. Durch den hohen Mahlgrad (Futtermehle statt Fasern) des Futters wird es kaum gekaut. Zudem kauen Meerschweinchen Trockenfutter anders als ihre natürliche Nahrung: Trockenfutter wird „geknackt“ (hohe Belastung auf den Kiefer und die Zahnwurzeln > retrogrades Zahnwachstum), Grünfutter wird zermahlen. Mehr Infos zum Zahnabrieb. Die Zähne müssen dann in Narkose beim heimtierkundigen Zahntierarzt geschliffen und die Ernährung umgestellt werden.
Verdauungsstörungen: Viele Tiere bekommen irgendwann von Frischfutter Durchfall oder vertragen einige Lebensmittel nicht mehr! Einige Tiere neigen zu Verstopfungen und Aufgasungen. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen braucht der Darm von Meerschweinchen durch die gering ausgeprägte Peristaltik sehr grob strukturierte Nahrung, dadurch funktioniert der Transport im Darm besser. Trockenfutter sind stark vermahlen und bestehen aus Futtermehlen, die so den Stoffwechsel verlangsamen. Zum anderen haben Meerschweinchen eine sehr spezielle Bakterienflora im Verdauungstrakt. Durch die Gabe von Trockenfutter werden schädliche Bakterien „gefüttert“, die sich ausbreiten und die gesunde Darmflora überwuchern.
Blasengries, Blasensteine, Nierensteine & Co.: Durch die Trockenfutter-Fütterung wird deutlich weniger Grünfutter gefressen. Schon weniger als ein EL am Tag je Tier reduziert die Frischfuttermenge so extrem, dass die Tiere weniger als halb so viel Grünfutter fressen. Das fehlende Wasser in der Nahrung wird durch Trinken nicht ausgeglichen, dazu gibt es umfassende Studien! Die Harnwege werden unzureichend durchgespült. Meerschweinchen resorbieren Kalzium nicht bedarfsorientiert, sondern in der Menge, in der es aufgenommen wird: Durch den speziellen Kalziumstoffwechsel lagert sich bei weniger Wasseraufnahme schnell etwas in den Nieren oder der Blase ab, da der Harn konzentrierter ist! Hinzu kommt, dass künstlich zugesetztes Vitamin D im Trockenfutter Ablagerungen in den Harnwegen auslösen kann.
Übergewicht/Untergewicht und Folgeerkrankungen: Auch der Energiegehalt dieser Futtermittel ist sehr hoch, so dass es zu Übergewicht, Organschäden (damit einhergehend oft Abmagerung) kommen kann. In der Folge kommt es zu Gelenkserkrankungen (erhöhtes Gewicht lastet auf den Knochen), Verdauungsstörungen (die Organe werden durch das Fett verdrängt) und Blasengries (die Tiere bewegen sich weniger, dadurch lagern sich Konkremente leichter ab). Meerschweinchen werden bei Trockenfutter sehr viel ruhiger und „fauler“, das hat unterschiedliche Gründe. Zum einen belastet das Futter die Verdauung, da es absolut unnatürlich und ungeeignet ist. Dadurch liegt es schwer im Magen. Aber auch der Stoffwechsel wird umgestellt. Durch die trockene Fütterung setzt ein Trockenstoffwechsel ein, die Tiere sparen Energie und sind sehr ruhig. Durch die hohe Energiedichte sind die Tiere schnell satt und müssen sich das Futter weder erarbeiten, noch sind sie mit der Nahrungsaufnahme und -suche beschäftigt.
Verhaltensstörungen: durch den höheren Energiegehalt werden die Meerschweinchen schnell satt, dadurch verbringen sie nur ein Zehntel der Zeit mit Nahrungsaufnahme. Ein frisch gefüttertes Tier frisst 80% der Aktivitätsphasen. In Folge kommt es zu vielfältigen Verhaltensproblemen durch Langeweile, z.B. Gitternagen, Fell auszupfen oder wund lecken…
Aus was besteht Trockenfutter?
Die Zusammensetzung der meisten Meerschweinchen-Mischungen kann auf der Rückseite der Verpackung im Kleingedruckten unter „Zusammensetzung“ nachlesen werden. Einige Futtersorten geben jedoch keine Inhaltsstoffe an, solche Futtersorten sollten generell nicht verwendet werden. Nach geltenden Gesetzen dürfen auch Zutaten im Futter verwendet werden, die nicht angegeben wurden, daher bietet auch eine Deklaration keine Sicherheit.
Aber auch die Zusammensetzung von Futter mit Deklaration sind nicht immer klar. Meist sind nur Futtergruppen angegeben, welche aus sehr verschiedenen Dingen bestehen können.
„Pflanzliche Nebenerzeugnisse„ können alle pflanzlichen Dinge sein, die in der Industrie als Abfälle anfallen. Eine Zeit lang konnte sogar „Geflügelkot“ als (tierisches) „Nebenerzeugnis“ zugemischt werden, das ist aber mittlerweile verboten.
Auch der Inhaltsstoff „Getreide“ sagt uns nicht, was es für ein Getreide ist (Mais, Roggen, Dinkel, Weizen, Hafer…?) und in welcher Form es enthalten ist. Gleiches gilt für „Saaten“ als Zutat.
„Eierzeugnisse“ sind Abfälle, die bei der Eier-Verarbeitung anfallen und genauso ungesund wie „Milch und Milcherzeugnisse“. Beides gehört nicht zum natürlichen Nahrungsspektrum und ist gesundheitsschädlich.
Hinter der Angabe „Gemüse“ verstecken sich sämtliche Gemüse (auch verarbeitet) und Hülsenfrüchte. „Früchte“ sind alle Obstsorten, auch in verarbeiteter Form.
Im Begriff „Zucker“ sind alle Zuckerarten zusammengefasst, „Öle und Fette“ können pflanzliche und tierische Öle/Fette aller Art sein.
Hauptbestandteil der meisten Mischfutter sind billige Füllstoffe, also einer möglichst kostengünstigen Masse, die meist aus industriellen Abfällen (deklariert als „pflanzliche Nebenerzeugnisse“, „tierischen Nebenerzeugnissen“, Trester, Getreidekleie, Kleber usw.) oder auf dem Weltmarkt günstigen Komponenten (z.B. Getreide) zusammengestellt wird.
Da bei den Füllstoffen nicht auf den ernährungsphysiologischen Wert und die Eignung für Meerschweinchen, sondern nur auf den Preis (möglichst günstig) geachtet wird, ist diese Zusammensetzung völlig falsch ausgewählt. Meerschweinchen brauchen frische Nahrung, basierend auf Gräsern und wenigen Kräutern. Die Zusammensetzung der Mischfutter erfüllt diesen Anspruch nicht. Zudem werden die Zutaten nicht nach ihrem natürlichen Wert (z.B. Vitamin- und Mineraliengehalt) ausgewählt, so dass sie nachher ein ungünstiges Nährstoffverhältnis aufweisen, das durch künstliche Vitamin- und Mineralien-Zusätze aufgewertet werden soll.
Mischfuttermittel sind allgemein zu energiereich für die meisten Meerschweinchen, was bei normalen Meerschweinchen mit Erhaltungsbedarf (Tiere, die keine besonderen Leistungen erbringen, nicht in Winteraußenhaltung leben usw.) zu Übergewicht, Verfettungen der inneren Organe (plötzlicher Tod, eine der häufigsten Todesgründe bei Meerschweinchen) und Trägheit führt.
Der hohe Stärke- und Zuckergehalt dieser unnatürlichen Nahrung führt zu einer Überwucherung der Darmflora mit Hefen.
Die Futtermittel-Industrie versucht mit Mischfuttermitteln, dem Verbraucher billige Inhaltsstoffe teuer zu verkaufen.
Beschaffenheit & Struktur sind bedeutend
Die Zutaten des Futters werden weiterverarbeitet, indem sie erst einmal gemahlen werden. Die Bestandteile verlieren bei der Mahlung ihre gesamte Struktur.
Nur strukturiertes Futter führt zu einem ausreichenden Zahnabrieb, da es lange gekaut werden muss. Ist das Futter schon zerkleinert, schluckt das Meerschweinchen nach wenigen Kaubewegungen bereits ab und der Zahnabrieb bleibt auf der Strecke. Des Weiteren werden durch die unnatürliche Kaubewegung (zerquetschen der Pellets und Extrudate statt gleichmäßigen Mahlbewegungen) der Druck auf die Zahnwurzeln erhöht, es kann retrogrades Zahnwachstum entstehen, die Wurzeln der Zähne wandern also in den Kiefer und können sogar unten durchbrechen. Die Folge sind Schmerzen und Kieferabszesse. Da der Tränennasenkanal nah an den Zahnwurzeln verläuft entstehen auch häufig tränende Augen.
Durch die Mahlung sind die einzelnen Partikel meist kleiner als 0,3 mm, dadurch werden (wie Studien ergeben haben) Verdauungsprobleme provoziert. Meerschweinchen brauchen eine gewisse Struktur im Futter. Stark zerkleinerte Bestandteile werden durch die spezielle Verdauung des Meerschweinchens im Blinddarm verarbeitet, oft entsteht so eine Entzündungen des Blinddarms oder auch Verstopfung. Zudem ist die Verdauung auf genug Struktur angewiesen um den Nahrungsbrei weiter zu transportieren, es kann zu Verstopfungen oder Durchfall kommen.
Durch den starken Mahlgrad und die Bearbeitung (Erhitzung) des Breies wird dieser quellfähig. Natürliches Futter quellt bei Kontakt mit Flüssigkeit im Magen (Magensäure, Wasser…) nicht auf, Trockenfutter nimmt extrem an Volumen zu, es erreicht das bis zu 5-fache Volumen! Die empfindlichen und sehr dünnen Magenwände werden dadurch radikal überstrapaziert, das ist für das Meerschweinchen sehr schmerzhaft.
Nach dem Zerkleinern der Bestandteile werden diese gemischt, erhitzt und durch Matrize oder andere formende Maschinen befördert. Durch die Erhitzung werden Vitamine und andere Bestandteile zerstört, zurück bleibt ein geformter Brei aus Abfallstoffen ohne ernährungsphysiologischen Wert.
Quellversuch mit Pellets
> sie erreichen locker die 5-fache Größe und saugen große Mengen Flüssigkeit.
Weitere Trockenfutter im Quellversuch
Was wird dem Futter an Zusatzstoffen zugesetzt?
Einige Inhaltsstoffe müssen in Deutschland auf der Verpackung nicht zwingend angegeben werden.
„Bei Tierfutter im EU-Raum müssen Zutaten wie verwendete appetitanregende Stoffe, Emulgatoren, Säureregulatoren, Stabilisatoren, Verdickungsmittel etc. jedoch nicht extra deklariert werden. Der Deutsche Tierschutzbund fordert daher nun auch für Tiernahrung eine Kennzeichnungspflicht. „Es muss bei Tiernahrung um Ausgewogenheit gehen und nicht um Überfütterung“ sagte Roman Kolar vom Deutschen Tierschutzbund…“
Quelle: http://dgk.de
Gesetzesgrundlagen: Welche Zusatzstoffe nicht gekennzeichnet werden müssen kann recht übersichtlich im „Leitfaden zur Kennzeichnung von Einzelfuttermitteln und Mischfuttermitteln“ vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nachgelesen werden. U.a. nicht deklariert werden:
Zusatzstoffe, die Bestandteil einer Zubereitung eines zugelassenen Zusatzstoffes sind (z.B. Antioxidantien, Bindemittel)
Alle Zusatzstoffe, für die kein Höchstgehalt gesetzlich vorgeschrieben ist, die nicht den Kategorien „zootechnische Zusatzstoffe“, „Kokzidiostatika und Histomonostatika“,
Zusatzstoffe der Funktionsgruppe „Harnstoff und seine Derivate“ oder der Kategorie „ernährungsphysiologische Zusatzstoffe“ gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 entsprechen (Verordnung (EG) Nr. 767/2009, Anhang VI).
Zusatzstoffe der Funktionsgruppen „Konservierungsmittel“, „Antioxidationsmittel“
und „Farbstoffe“ müssen nur als Überbegriff angegeben werden
Aromastoffe aus Vormischungen müssen nur als „Mischung aus Aromastoffen“ gekennzeichnet werden.
Zusatzstoffe aus Einzelmitteln, die in Mischfuttermittel eingemischt werden (z.B. Konservierungsstoffe, Antioxidantien, Fließhilfsmittel), müssen nicht auf dem Mischfuttermittel angegeben werden (Artikel 15 Buchstabe f i.V.m. Anhang VI und VII). Allerdings darf in solch einem Fall nicht mit der Abwesenheit solcher Zusatzstoffe geworben werden (z.B. „ohne Konservierungsstoffe“, „ohne Antioxidantien“) (Artikel 11 Abs. 1 Buchstabe a i.V.m. Artikel 13 Abs.1).
Ernährungsphysiologische Zusatzstoffe
Um den sehr stark erhitzten (und somit vitaminarmen) Brei wieder als Futter einzusetzen, werden vor der Pressung einige überlebenswichtige Stoffe zugefügt.
Synthetische Vitamine und Provitamine werden hinzu gegeben (Revitaminierung), allerdings sind diese künstlichen Stoffe nicht gleichwertig mit den natürlichen Stoffen und in fast jedem Futter extrem überdosiert, dies führt oft zu Organschäden.
Um das unausgewogene Aminosäurenmuster in den Abfällen aufzuwerten, werden Aminosäuren zugesetzt.
In den gängigen Futtermitteln in deutschen Haushalten herrscht ein Überschuss an Mineralien. Trotzdem werden einigen Mischfuttern noch zusätzlich Mineralstoffe und Spurenelemente zugegeben. Ein Überschuss führt zu Blasen- und Nierenkrankheiten (Blasensteine, Nierensteine, Ablagerungen, Nierenversagen, Harngrieß, Blasenschlamm…).
Teilweise werden Probiotika zugesetzt, um die Darmgesundheit, welche durch das unnatürliche Futter negativ beeinflusst wird, aufrecht zu erhalten.
Um Futterbestandteile im Verdauungstrakt zu verdauen, welche die natürliche Darmflora nicht verdauen könnte, werden vielen Trockenfuttern Enzyme beigemengt.
Zusatzstoffe für das menschliche Auge
Farbstoffe färben die Extrudate und Pellets in ansprechende Farben um, denn der Industriebrei, der vorwiegend aus Abfällen besteht, sieht ohne Farbstoffe unappetitlich braun aus. Grün gefärbte Bestandteile sollen Kräuter imitieren, gelb eingefärbte Zutaten stehen für Getreide und rote für Früchte. Der Trick scheint auch zu klappen, denn immer noch denken sehr viele Halter, dass die Pellets im Mischfutter aus Kräutern oder Heu bestehen.
Damit die einzelnen Bestandteile nicht verklumpen, werden Trennmittel eingesetzt.
Antioxidantien, Verpackungsgase und Konservierungsstoffe setzen Futtermittel-Produzenten ein, um das Futter länger haltbar zu machen.
Um einzelne, nicht vermischbare Futterbestandteile (z.B. Öle mit Wasser) zu verbinden, werden Emulgatoren verwendet.
Zusatzstoffe für den Geschmack
Künstliche Aromen werden dem Meerschweinchen-Futter zugesetzt, um den Appetit zu fördern, also eine künstlich erhöhte Nahrungsaufnahme zu erzielen, was fast zwangsläufig zu Übergewicht führt. Dieses ist bei Masttieren erwünscht, bei Haustieren bleibt es aber ein unerwünschter Nebeneffekt.
Künstliche Geschmacksstoffe gibt die Industrie ins Futter, weil die meisten Tierhalter das Futter kaufen, das die Tiere am liebsten und an meisten fressen. Tierhalter lieben es, wenn sich die Tiere auf das Futter stürzen. Zahlreiche Studien haben ergeben, dass Aromen den Appetit beträchtlich erhöhen und somit zu einer besseren Akzeptanz bei den Tieren führen. Die meisten Meerschweinchen fressen das Futter (welches aus minderwertigen Bestandteilen zusammengesetzt wird) nur, weil die künstlichen Aromen ihr Selektionsvermögen beeinflussen. Künstliche Aromen und Geschmacksverstärker machen die Meerschweinchen süchtig.
Sind Zusatzstoffe schädlich?
Bei einigen Zusatzstoffen hat man festgestellt, dass sie Mitauslöser für vielfältige Krankheiten sind wie etwa Allergien, Asthma, Krebs… Andere Zusatzstoffe gelten als eher ungefährlich.
Vitaminisiertes Strukturfutter – ist ein solches Futter sinnvoll?
Vorteile:
Es enthält strukturierte Komponenten und keine Extrudate, Pellets oder andere vermahlene Zutaten, wie viele andere Futtersorten. Deshalb ist die Zusammensetzung auch etwas hochwertiger als bei anderen Meerschweinchen-Futter und es hat nicht die Nachteile, die viele andere Trockenfutter haben.
Als Energiefutter für die Außenhaltung (Winter, große Rassen) geeignet
Die zugesetzten synthetischen Vitamine verhindern Mangelerkrankungen falls die Vitaminversorgung durch die sonstige Fütterung/Haltung nicht abgedeckt ist.
Günstiger Preis und einfache Handhabung.
Nachteile:
Das Futter besteht zu etwa 50% aus Getreide und anderen energiereichen Komponenten (z.B. Johannesbrot) und ist daher ein Energiefutter, das für die Innenhaltung kleiner Rassen beispielsweise nicht geeignet ist (und dann auch zu Zahnspitzen usw. führen kann).
Der Kräuteranteil besteht aus nur zwei Kräutern und hauptsächlich aus entblätterter Luzerne, die Kräuterauswahl ist daher nicht sehr vielfältig.
Die synthetisch zugesetzten Vitamine können sich negativ auf die Gesundheit auswirken (v.a. Organschäden) und haben nicht die selbe Funktion wie natürliche Vitamine, ein vollwertiger Ersatz für natürliche Vitamine und Pflanzenstoffe sind sie daher nicht. Dies setzt eine ausgewogene Grundernährung voraus, mit welcher dann jedoch auch die Vitaminversorgung abgedeckt wird, was die Vitaminzusätze wiederum unnötig macht.
Fazit:
Als Alleinfutter (wie auf der Verpackung angegeben), ist das Futter keinesfalls geeignet. Ebenso ersetzt es niemals eine gesunde, ausgewogene Ernährung, die das Meerschweinchen nicht nur mit Vitaminen und Mineralien, sondern auch mit Pflanzenstoffen versorgt. In kleinen Mengen als Energie- und Ergänzungsfutter ist ein solches Strukturfutter jedoch anders zu bewerten, da dann der Getreideanteil und andere Zutaten, bezogen auf die gesamte Ernährung, geringer ist.
Eine Ernährung, die arm an Vitamin A oder Vitamin E ist, bzw. eine Haltung, die dem Meerschweinchen kein direktes Sonnenlicht oder Zugang zu einer UV-B Lampe ermöglicht (zur Vitamin D Synthese), kann so zumindest zu einem kleinen Teil verbessert werden, auch wenn dem Meerschweinchen dann noch viele andere Stoffe fehlen.
Bei einer ausgewogenen, bedarfsdeckenden Ernährung ist ein solches Futter jedoch überflüssig und die enthaltenen synthetischen Vitamine kritisch zu beurteilen, da sie der Gesundheit schaden können.
Der Mythos vom gesunden „Getreidefreien Trockenfutter“
Immer noch hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Getreide die Ursache der vielen Erkrankungen ist, die durch Trockenfutter ausgelöst werden können. Getreide ansich ist zunächst erst einmal ein recht natürliches Futtermittel. Meerschweinchen fressen in der Natur vor allem Samen der Gräser und anderer Wildpflanzen. In dieser Form ist Getreide sehr gut verträglich und als Energiefutter oder Ergänzung der Ernährung gut zur Fütterung geeigent. In folgenden Fällen ist Getreide tatsächlich unverträglich oder schädlich:
- Wenn Weizen oder Roggen verfüttert wird. Die Sorten werden schwer vertragen, lieber auf anderes Getreide ausweichen.
- Wenn Getreide zum Hauptfutter wird. Getreide sollte grundsätzlich lediglich eine kleine Ergänzung sein!
- Wenn das Getreide falsch angeboten wird (Körner). Es muss grundsätzlich mit Spelz verfüttert werden (Getreideähren oder Körner mit Spelz!)
- Wenn es stark verarbeitet ist (für Trockenfutter gemahlen, gepresst etc.) und somit die wichtige Struktur fehlt.
- Wenn in Innenhaltung (oder bei anderen Meerschweinchen mit geringen Energiebedarf) regelmäßig Getreide angeboten wird.
Beispielsweise kann man saisonal (Herbst) Getreide in Ähren den Meerschweinchen anbieten, sofern sie als Hauptnahrung Wiesenkräuter, Blattgemüse, Kräuter und andere artgerechte Futtermittel bekommen: Saaten- und Getreidefütterung
Die meisten handelsüblichen Trockenfutter, die mit der Aufschrift „ohne Getreidekörner“ werben (z.B. Bunny Futter, Vitakraft etc.), möchten Halter ansprechen, die getreidefrei füttern, da sie Getreide für ungesund halten. Diese Futtersorten enthalten jedoch fast alle Getreide-Bestandteile wie zum Beispiel Getreidekleie. Selbst die meisten Tierärzte predigen die Schädlichkeit von Getreide und vertreiben gleichzeitig dieses recht teure, getreidehaltige Futter. Das Getreide ist im Trockenfutter meist eher eines der kleineren Probleme. Große Probleme entstehen allgemein durch die Zusammensetzung, die Struktur/Verarbeitung und die Zusatzstoffe (siehe oben). Der einzige Vorteil, den manche, aber bei weitem nicht alle getreidefreien Trockenfuttersorten haben, ist ein etwas geringerer Energiegehalt.
Zitate zum Thema
„In Zoofachgeschäften, Supermärkten und Drogerien werden sogenannte „Snacks“ für Kaninchen und Meerschweinchen angeboten, die bunt und appetitlich aufgemacht und in farbenfrohen Verpackungen konfektioniert sind. Damit wird dem interessierten Kunden suggeriert, daß er seinem Heimtier etwas Besonderes und auch etwas besonders Gesundes zukommen lassen kann. Tatsächlich ist jedoch zu hinterfragen, inwieweit es sich bei diesen Snacks um der Gesundheit dieser Tierarten zuträgliche Futtermittel handelt. Bei genauerer Betrachtung der Inhaltsstoffe bestehen diese Snacks zu einem großen Teil aus Komponenten, die weder zum natürlichen noch artgerechten Futtermittelspektrum dieser Tierarten zählen und die bei langfristiger Gabe eine die Darmfunktion sehr negativ beeinträchtigende Wirkung ausüben können.
Durchfallprobleme sowie andere Gastrointestinalstörungen bei Kaninchen und Nagetieren aus der Heimtierhaltung sind Symptomenkomplexe, die in der Kleintiersprechstunde häufig angesprochen werden. Es empfiehlt sich, in erster Linie zunächst das Fütterungsregime zu hinterfragen und gegebenenfalls zu korrigieren. Bei der Nachfrage an den Tierhalter fällt immer wieder auf, dass gerade Kinder allzu gerne Snacks – wie sie sie selber lieben – auch an Ihre Lieblinge weitergeben möchten. Um dieses Bedürfnis zu befriedigen, hat die Futtermittelindustrie eine breite Palette solcher „Snacks“ für Kaninchen und Nagetiere entwickelt und auf den Markt gebracht. Unter Berücksichtigung anatomischer und ernährungsphysiologischer Aspekte sind derartige „Leckereien“ für Kaninchen und Nagetiere als nicht artgerechte Futtermittel zu bewerten.“
Dr. med vet Birgit Drescher
Linktipps:
Tierärztin erklärt gesunde Ernährung
Chinchillafutter unter der Lupe (diese sind nahezu identisch mit Meerschweinchenpellets)
Quellen u.a.:
Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung e.V. (Hrsg.): Aminosäuren in der Tierernährung. Bonn: Agrimedia GmbH, 1998
Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung e.V. (Hrsg.): Enzyme in der Tierernährung. Bonn: Agrimedia GmbH, 2004
Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung e.V. (Hrsg.): Probiotika in der Tierernährung. Bonn: Agrimedia GmbH, 1999
Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung e.V. (Hrsg.): Vitamine in der Tierernährung. Bonn: Agrimedia GmbH, 2001
Bell Flavor & Fragrances; http://www.bellff.com/pet-animal-care.html (Stand: Dez. 09)
„Pet and Animal Flavors. Consumers increasing concernfor the well-being of their animals is expected to expand this already booming industry. […]”
Beuch-Arendt, A.: Ernährung von Kaninchen, Meerschweinchen, Degus und Chinchillas, http://www.futterkonzept.de/nagerernaehrungsvortrag.pdf (Stand 12. Mai 09)
Buchmann, M./Geier, U./Strube, J.: Untersuchung zu Veränderungen der Lebensmittelqualität durch Vitaminierung
Czitrich, O.: Nahrungsergänzungsmittel. Sinnvoll oder gefährlich? Wissenschaftlicher Aufsatz. Books on Demand, 2006
Czitrich, O.: Vorsicht vor Vitaminen. Wissenschaftlicher Aufsatz. Books on Demand, 2005
Ewringmann, A.: Leitsymptome beim Meerschweinchen, Chinchilla und Degu. Diagnostischer Leitfaden und Therapie. Stuttgart: Enke Verlag, 2012
Foodwatch: Lug und Trog. Der foodwatch-Report über billige Futtermittel, die uns teuer zu stehen kommen. foodwatch Futtermittel-Report, April2005
Hand, M. S.: Klinische Diätetik für Kleintiere, Band 1, 2003
Kaeser, P.: Lebensmittelzusatzstoffe: Einteilung, Funktion, Gewinnung, Zusammensetzung (Leitprogramm), 2004
Kamphues, J.: Kaninchen und Meerschweinchen: Häufige Fütterungsfehler und Hinweise zur Diätetik
Kamphues, J./Coenen, M./Kienzle, E./ Pallauf, J./ Simon, O./ Zentek, J.: Supplemente zu Vorlesungen und Übungen in der Tierernährung. 10., überarb. Auflage. M&H Schaper Verlag, 2004
Kariger, A.: Die Entwicklung der Mischfutterindustrie in Deutschland. Stuttgart: Kohlhammer Verlag, 1963
Meredith, A. L., Prebble, J. L., & Shaw, D. J. (2015). Impact of diet on incisor growth and attrition and the development of dental disease in pet rabbits. Journal of Small Animal Practice.
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Rymon Lipinski, G.-W. von/ Lück, E.: Lebensmittelzusatzstoffe.
Schmidt, E.: Unterschied zwischen natürlichen und synthetischen Vitaminen
Tschudin, A., Clauss, M., Codron, D., Liesegang, A., & Hatt, J. M. (2011). Water intake in domestic rabbits (Oryctolagus cuniculus) from open dishes and nipple drinkers under different water and feeding regimes. Journal of animal physiology and animal nutrition, 95(4), 499-511.
Wiesenmüller, W./Leibestseder J.: Ernährung monogastischer Nutztiere. Gustav Fischer Verlag Jena, 1993
Wolf, P./Kamphues J.: Kritische Einschätzung kommerzieller Ergänzungspräparate für Kaninchen, Meerschweinchen und Chinchilla, 2003
Gesetze u.a.:
Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung. Insbesondere Anhang I
Verordnung (EG) Nr. 767/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 79/373/EWG des Rates, 80/511/EWG der Kommission, 82/471/EWG des Rates, 83/228/EWG des Rates, 93/74/EWG des Rates, 93/113/EG des Rates und 96/25/EG des Rates und der Entscheidung 2004/217/EG der Kommission
Leitfaden zur Kennzeichnung von Einzelfuttermitteln und Mischfuttermitteln