Beim wöchentlichen Meerschweinchen-TÜV sollten auch die Nase, Augen und Genitalien genau betrachtet werden.

Atemwegserkrankungen

Achtung: Atemwegserkrankungen sind beim Meerschweinchen – anders als beim Menschen – meistens bakteriell und nicht durch Viren verursacht. Die Bakterien können recht schnell zu chronischen Schnupfen führen, ins Ohr wandern und dort Mittelohrentzündungen verursachen, und zu Zahnerkrankungen führen, da die Zahn”wurzeln” sehr nah an der Nasenhöhle liegen und Meerschweinchen mit Ohrenschmerzen verändert kauen. Deshalb ist es sehr wichtig, Schnupfen beim Meerschweinchen absolut ernst zu nehmen und so Schlimmeres zu verhindern!

Symptome: Woran erkenne ich Schnupfen und Erkältungen?

Erste Anzeichen für Atemwegserkrankungen ist meist gelegentliches, trockenes Niesen oder leichter Ausfluss bzw. kleine Krusten an der Nase. Die Tiere haben ansonsten ein normales Allgemeinbefinden und sind fit.

Das Niesen weitet sich je nach Immunabwehr recht schnell in regelrechte Niesattacken aus, die sich irgendwann anhören, als hätte es einen Fremdkörper im Hals bzw. in der Nase.

Im fortgeschrittenen Stadium, wenn keine Behandlung erfolgt, fliest Sekret aus der Nase, welches zu erst klar, später weißlich-gelb gefärbt ist. Bei den Niesattacken und durch die mit Sekret verstopften Atemwege bekommen die Meerschweinchen schlecht Luft, sie versuchen nun, die Nase zu putzen, um wieder besser Luft zu bekommen. Dabei verteilen sie das Sekret nicht nur rund um die Nase, sondern auch an den Vorderpfoten. Das Fell an diesen Stellen sieht nun verklebt aus und kann auch feucht sein. Beim Putzen wird der Erreger teils über die Vorderpfoten in die Augen übertragen, so dass auch dort eine eitrige Augenentzündung mit Ausfluss entsteht.

Blaue Schleimhäute durch Sauerstoffmangel

Recht schnell kommt es auch schon bei leichten Schnupfensymptomen wie z.B. Niesen neben einer Entzündung der Atemwege (Akute Bronchitis) auch zu einer Entzündung der Lunge (Lungenentzündung oder Pneumonie), diese führen unbehandelt zum Tod. Die Erkrankung geht meist mit veränderter Atmung einher, dieses Symptom wird von den Haltern aber teils nicht wahrgenommen. Das Meerschweinchen verliert Gewicht und sein Allgemeinzustand verschlechtert sich.

Zudem kann die Erkrankung sich im ganzen Körper ausbreiten und zu eitrigen Entzündungsherden vieler Organe führen. Typische Folgeerkrankungen sind Abszesse, Bindehaut- und Trännennasenkanal-Entzündungen, Entzündungen an den Zähnen sowie Ohrenentzündungen (im fortgeschrittenen Stadium dann Kopfschiefhaltung).

Schnupfen ist beim Meerschweinchen oftmals ein Bestandsproblem, wenn Meerschweinchen dicht und nicht optimal gehalten werden, breitet sich der Schnupfen seuchenhaft aus. Unter guten Haltungsbedingungen mit medizinischer Versorgung ist es meist nur ein Problem einzelner oder geschwächter Meerschweinchen, die als Einzige Symptome zeigen.

Deshalb sollte man bei guten Haltungs- und Ernährungsbedingungen immer die auslösende Grunderkrankung oder den Stress-Auslöser suchen, die das Meerschweinchen schwächt und zum Schnupfen führt.

Meerschweinchen sind anatomisch bedingt Nasenatmer, eine verstopfte Nase ist für Sie eine Qual und darf keinesfalls als “Wehwehchen” behandelt werden. Meerschweinchen können auf Grund der engen anatomischen Beziehung des Kehlkopfes zum Nasenrachenraum und der speziellen Lage der Epiglottis, kaum durch den Mund atmen.

Auslöser

Die auslösenden Erreger sind bei Meerschweinchen allgegenwärtig, sehr viele Meerschweinchen tragen sie, ohne jemals zu erkranken. Die Infektionmit den Bakterien reicht meist nicht aus, um einen Schnupfen auszulösen. Viel entscheidender für die Erkrankung sind u.a. folgende Auslöser:

  • Stress durch falsche Handhabung, auf den Arm nehmen und “Kuscheln”, grober Umgang
  • Vergesellschaftungen, unharmonische Gruppen, Neuzugänge
  • Umzug
  • Andere (chronische) Erkrankungen oder ein geschwächtes Immunsystem, manchmal auch Impfungen
  • Schlechte Haltungsbedingungen, z.B. wenig Witterungsschutz, Zugluft, wenig Platz, keine trockenen und winddichten Schutzhütten, trockene Heizungsluft
  • Schlechte Hygiene, z.B. Erdboden in kleinen Gehegen, eine hohe Ammoniakbelastung, seltenes Ausmisten, feuchte Einstreu
  • Eine wirkstoffarme/übervorsichtige Ernährung mit wenig Pflanzen, die ätherische Öle beinhalten
  • Trockene Heizungsluft, sie reizt die Schleimhäute (hier helfen Luftbefeuchter!)

Erste Hilfe bei Niesen

rettich-gruenduengung
Rettich ist im Herbst auf Gründüngefeldern zu finden, die Blätter können dann als Kur in großen Mengen gefüttert sehr wirksam gegen Schnupfen sein. In den anderen Jahreszeiten muss auf die Rettichwurzel aus dem Supermarkt oder andere Pflanzen zurückgegriffen werden.

Wenn das Meerschweinchen wirklich nur gelegentlich niest, aber keinen Nasen- oder Augenausfluss hat, kann man fünf Tage lang mit Angocin (mindestens 5-8 Tabletten je Tag und Tier) und Sinupret (2-3x täglich etwa 0,2ml/kg) behandeln. Die Behandlung muss allerdings sofort angesetzt werden, sonst setzt sich der Schnupfen fest!

  • Angocin ist ein natürliches, rein pflanzliches Antibiotikum, das gegen Bakterien, Viren und Pilze der Atemwege und harnableitenden Organe wirkt. Es ist in der Apotheke frei verkäuflich. Die Tagesdosis für Meerschweinchen sollte bei mindestens 5-8 Tabletten liegen, sonst wirkt es nicht, sie werden in Wasser von ihrer Schutzschicht befreit, diese lässt sich recht leicht abwaschen. Angocin wird von vielen Meerschweinchen sehr gerne als Leckerli gefressen, ansonsten kann es mit wenig Wasser aufgelöst und dann mittels nadelloser Spritze ins Maul verabreicht, oder mit zerdrückter Banane schmackhaft gemacht werden.
  • Alternativ zu Angocin kann versucht werde, dem MeerschweinchenFuttermittel mit Senfölglycosiden zu füttern, insbesondere Rettich & dessen Grün, Radieschen(blätter), Rucola, Kresse, Rapspflanzen, Rübsenpflanzen und Kapuzinerkresse, in geringen Mengen ist es auch in Kohl enthalten. Wenn das Meerschweinchen davon große Mengen frisst, wirkt es wie Angocin. Senföle sind ein gutes Mittel gegen Bakterien und Viren der Atemwege und ein natürliches Antibiotikum.
  • Sinupret (2-3x täglich etwa 0,2ml/kg) hat ebenfalls eine entzündungshemmende und schleimlösende Wirkung und ist unterstützend sinnvoll.

Tritt innerhalb der fünf Tage keine Besserung ein oder kommt es zu einer Verschlechterung, muss umgehend die Tierärztin oder der Tierarzt aufgesucht werden. Je früher erfolgreich behandelt wird, desto höher sind die Erfolgs-Chancen.

Wann muss ich zur Tierärztin oder zum Tierarzt?

Sobald erste Anzeichen für einen Schnupfen auftreten, ist es unumgänglich, diese sehr ernst zu nehmen. Keinesfalls sollte man “abwarten ob es wieder von alleine weg geht” sondern umgehend mit der Behandlung beginnen. Wenn man erst einmal wartet, bekommt man ihn meist nicht mehr oder nur mit extrem viel Aufwand über einen langen Zeitraum in den Griff. Sollte nach fünf Tagen Angocin (siehe “Erste Hilfe” oben) keine Besserung eintreten oder während der Behandlung eine Verschlimmerung spürbar sein, muss zeitnah die Tierärztin oder der Tierarzt aufgesucht werden.

Der Notdienst ist notwendig, wenn die Atmung des Meerschweinchen verändert sein sollte. Bei akuter Atemnot zeigt das Meerschweinchen verstärkte Flankenatmung und die Nasenflügel werden stärker bewegt. Im Extremfall hebt es den Kopf an oder legt ihn in den Nacken. Als erste Hilfe können Krusten der Nase entfernt und Schleimlöser (siehe weiter unten) gegeben werden. Das Tier sollte schonend und mit sanften Umgang zum tierärztlichen Notdienst gebracht werden. Dort wird nach einer Stabilisierung mit Sauerstoff eine lebensbedrohliche Lungenentzündung abgeklärt, die Atemnot verursachen kann, und die Nase so gereinigt, dass das Meerschweinchen atmen kann. Meerschweinchen sind reine Nasenatmer und können bei verstopfter Nase nicht durch den Mund atmen.

Diagnose: Hat mein Meerschweinchen eine Erkältung oder etwas ganz anderes?

Verkrustete Nase

Handelt es sich um einen akuten Notfall?

Um abzuschätzen, ob erst einmal eine Notfallbehandlung nötig ist, wird die Tierärztin oder der Tierarzt zunächst abgeklärt, ob eine Lungenentzündung vorhanden ist (durch gründliches Abhören) und beurteilt, ob das Meerschweinchen Atemnot hat (muss erst mit Sauerstoff stabilisiert werden?). Lungenentzündungen sind von außen nicht sichtbar, oft werden betroffene Meerschweinchen sehr spät oder zu spät vorgestellt!

Lungenentzündungen sind eine der häufigsten Todesursachen beim Meerschweinchen, die Tiere werden oft viel zu spät vorgestellt. Früher erkennen kann man sie durch genaue Beobachtung und Gewichts-Protokolle (betroffene Meerschweinchen nehmen ab).

Was löst wirklich den Nasenausfluss aus?

Anschließend steht als erstes eine Untersuchung und Bestandsaufnahme der Symptome in der Tierarztpraxis an. Dabei sind die Symptome für die Tierärztin oder den Tierarzt das wichtigste Diagnosekriterium. Dadurch kann man feststellen, wie stark der Schnupfen bereits ist und ob andere Ursachen in Frage kommen könnten.

Hier stellt sich die Tierärztin oder der Tierarzt schon die Frage, welche Ursachen den Nasenausfluss ausgelöst haben. Einseitiger, aber teils auch beidseitiger eher eitriger/weißer Ausfluss ist oft kein echter Schnupfen, sondern Eiterausfluss durch Zahnerkrankungen oder einen Fremdkörper in der Nase (z.B. Grashalme oder Heuhalme). Sollte es sich hingegen um einen bakteriellen Schnupfen handeln, so steckt immer Stress (Haltung, Vergesellschaftung…?) oder eine schwere Grunderkrankung dahinter, die das Immunsystem so schwächt, dass der Schnupfen ausbricht. Diese muss die Tierärztin oder der Tierarzt herausfinden, um den Schnupfen in den Griff zu bekommen.

Andere Ursachen für Niesen, Ausfluss und Niesattacken

Neben Schnupfen gibt es noch weitere Erkrankungen, die Niesen auslösen können.

  • Eine mögliche Ursache sind Allergien auf Staub, Einstreu, Heu, Stroh oder andere Stoffe aus der Umgebung, solche Allergien sind jedoch eher selten. Überprüfen kann man dies, indem man mit Decken/Handtüchern einstreut und das Meerschweinchen mit frischer Wiese statt mit Heu füttert oder das Heu in einen Baumwollbeutel mit kleinen Löchern, aus denen es herausgezupft werden kann, anbietet. Zudem sollte das Heu nicht im Raum, in dem das Meerschweinchen lebt, aufgefüllt werden. Sollte es sich um eine Allergie handeln, kann eine Behandlung mit Enzymkomplex und Xanthium erfolgen.
  • Auch ein Fremdkörper in der Nase kann zu Niesen und Ausfluss führen. Oft handelt es sich um Heu- oder Grashalme.
  • Ebenfalls ursächlich kann sehr trockene Raumluft oder extrem trockenes, heißes Wetter sein. 
  • Zu (chronischen) Nasenausfluss kommt es oftmals auch durch Zahnerkrankungen oder eine Erkrankung des Tränennasenkanals. Deshalb sollten Zahnerkrankungen (besonders bei einseitigen Ausfluss oder Ausfluss ohne Niesen) immer durch Röntgen in mehreren Ebenen ausgeschlossen werden!

Viele Meerschweinchen mit Nasen- oder Augenausfluss haben eigentlich Zahnerkrankungen und keinen Schnupfen!

Bevor von Schnupfen ausgegangen wird, muss grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass es ein Eiter-/Entzündungsproblem im Kopfbereich (Nase durch Fremdkörper oder Entzündungen an den Zähnen) ist. Dafür müssen die Zähne in mehreren Ebenen geröngt werden. Die Zahnwurzeln sind beim Blick ins Maul nicht sichtbar. Viele Tiere haben eigentlich gar keinen Schnupfen, sondern ein Zahnproblem. Wenn bereits Eiter oder Flüssigkeit aus der Nase oder den Augen läuft, muss zeitnah gehandelt werden um eine Ausbreitung der Entzündung zu verhindern. Wird erst einmal “auf Verdacht” gegen Schnupfen behandelt, so verliert man oft wertvolle Zeit! Zudem kann sich die Infektion des Schnupfens auch auf die Ohren und Zähne ausbreiten sowie weitere Entzündungsherde im Körper entstehen.

Warum kann Augen- und Nasenausfluss von den Zähnen kommen?

Beim Meerschweinchen verläuft der Tränennasenkanal (Verbindung zwischen Auge und Nase) direkt an den wurzeloffenen Zähnen vorbei. Deshalb läuft oftmals der Eiter aus Oberkieferabszessen (Entzündungshöhlen an den Zahnwurzeln) direkt in die Nase ab und verstopft den Tränennasenkanal. Aber auch anders herum kann eine chronische Schnupfenerkrankung zu einer Entzündung des sehr dicht am Tränennasenkanal liegenden Backenzahns oder Schneidezahns führen und so einen Abszess im Oberkiefer auslösen.

Behandlung – was hilft wirklich?

Schnupfen beim Meerschweinchenist meistens nicht mit einer Erkältung beim Menschen vergleichbar, denn der Schnupfen beim Meerschweinchenwird meistens durch Bakterien ausgelöst – und nicht durch Viren.

Die richtige Behandlung

Suchen Sie unbedingt eine Tierärztin oder einen Tierarzt auf, der nicht nur auf Kleintiere (Hunde & Katzen), sondern auf Heimtiere (Kaninchen und Nager!) spezialisiert ist!
Nur gezielt fortgebildete Tierärzte können Meerschweinchen behandeln, denn im Studium sind sie nur Randthema. Tierarzt*innen finden

Schnupfen kann sehr zäh sein, besonders wenn er nicht frühzeitig behandelt wird. Es hat sich die Behandlung nach den fünf Säulen bewährt, dabei müssen alle Säulen beachtet und umgesetzt werden, ansonsten ist die Behandlung meistens nicht erfolgreich:


Erreger-Bekämpfung

Welche Antibiotika?

Die Wahl des richtigen Antibiotikums ist bei der Behandlung von Atemwegsinfekten entscheidend. Untersuchungen an Meerschweinchen zeigen, dass die Keimbesiedlung sehr unterschiedlich ist und beteiligte Bakterien sowohl aus dem aeroben, als auch aus dem anaeroben Bereich kommen. Deshalb ist es zu empfehlen, eine bakteriologische Untersuchung mit Antibiogramm zu veranlassen. Bei stärkeren Schnupfen kann die Tierärztin oder der Tierarzt mittels einer Probe aus der Nase am ehesten ein Erreger nachweisen (unbedingt auch Mykoplasmen mit testen!). Dann kann geprüft werden, welcher Erreger es ist und welches Antibiotika hilft (Antibiogramm). Die Probe für das Antibiogramm wird nicht im Eiter entnommen, dort finden sich meist nur nicht vermehrungsfähige Erreger. Häufig sind (vorhandene) Anaerobier nicht nachweisbar, sollten aber immer antibiotisch mit abgedeckt werden, insbesondere bei eitrigen Ausfluss. In hartnäckigen Fällen kann auch eine Probe aus der Lunge (Bronchoskopie mit broncho-alveolärer Lavage (BAL)) hilfreich sein, um die tiefer sitzenden, teils in einer Nasenprobe nicht erfassten Bakterien herauszufinden. Die Erstellung des Antibiogramms benötigt meistens eine gute Woche, während dieser Zeit muss das Meerschweinchen bereits antibiotisch versorgt werden.

Geeignete Antibiotika zur Behandlung von Schnupfen

Nach Antibiogramm, meistens sind jedoch diese Antibiotika gut wirksam, da sie die gängigen Erreger gut abdecken:

  • Doxycyclin
  • Azithromycin

Achtung! Wird der Schnupfen von einer Tierärztin oder einem Tierarzt untersucht, die nicht meerschweinchenkundig ist, sollte darauf geachtet werden, dass das Antibiotikum für Meerschweinchengeeignet ist!

Folgende Antibiotika (PLACE-Regel) dürfen niemals beim Meerschweincen angewendet werden, da sie tödlich sind:

Penicillin (z.B. Procain-Penicillin-G…)
Lincomycin
Ampicillin, Amoxicillin (z.B. Duphamox, 10-20mg/kg 1x tägl. oder Veracin RS 0,1ml/k 1x tägl.)
Clindamycin, Cephalosporine (z.B. Convenia)
Erythromycin

Haupterreger von Atemwegserkrankungen

Bakterien:

Pasteurella multocida,
Bordetella bronchiseptica,
Klebsiella pneumoniae,
Staphylokokken (z.B. Staphylococcus aureus),
Streptococcus ssp.
Mykoplasmen
Chlamydien

Viren:

Adenoviren (Adenoviruspneumonie)
Arenaviren (Lymphozytäre Chorionmeningitis (LCM)) ggf. mit Fieber und Konjunktivitis


Fast immer sind jedoch mehrere Erreger gleichzeitig beteiligt, dazu gehören auch Hämophilusarten und Pseudomonas

Gründe, warum das “richtige” Antibiotikum nicht anschlägt:

  • Die Probehat nur einen Teil der Erreger aufgezeigt und ein wichtiger Erreger wurde nicht nachgewiesen (z.B. Mykoplasmen, die müssen speziell vom Labor gefordert werden und sind bei der normalen bakteriologischen Untersuchung nicht dabei).
  • Die Grunderkrankung, die das Meerschweinchen schwächt und den Schnupfen auslöst, wurde nicht mit behandelt oder gefunden (= ein schlechtes Immunsystem, oft verbunden mit einer Granulozytopenie (ggf. erst das Immunsystem aufbauen, weitere Untersuchungen um die Grunderkrankung zu finden))
  • Fremdkörper oder Abszess in den Atemwegen, Beteiligung der Zähne (durch Kopf-Röntgen in mehreren Ebenen abklären!)
  • Chronischer Schnupfen durch herausgezögerte Behandlung (häufig zerstörte, chronisch entzündete Strukturen in der Nasenhöhle) (Intensivbehandlung nach Antibiogramm mit allen Säulen (siehe Grafik), ggf. lebenslange Inhalationen, schleimlösende und erregerbekämpfende Maßnahmen mit der Tierärztin oder dem Tierarzt absprechen)
  • Resistenzen (deshalb Antibiogramm vor Therapie erstellen lassen!)
  • Resistenzentwicklung während der Therapie (Antibiogramm aus Spülprobe wiederholen)
  • Das Antibiotikum wirkt nicht ausreichend in den Atemwegen.
  • Keine oder schlechte Resorption des Antibiotikums, Unwirksamkeit durch Kombination mit anderen Medikamenten

Weitere erregerabtötende Maßnahmen

Hier hat sich Angocin (Schutzschicht abwaschen, Dosierung 5-8 Tabeletten je Tag), RodiCare Pulmo (1x tägl. 1-1,5ml) oder Sinupret (2-3x täglich etwa 0,2ml/kg) bewährt. Unterstützend wirksam gegen Schnupfen ist auch die Gabe von Ingwer und Meerrettich. Ingwer heilt die Entzündung und führt zur Schleimverflüssigung bei Lungen- und Nebenhöhlenentzündung. Meerrettich oder Rettich ergänzt den Ingwer in seiner Wirkung, er ist ein natürliches Antibiotikum, die enthaltenen Senfölglycoside hemmen die Vermehrung von Bakterien, Pilzen und Viren. Sie wirken damit gegen die typischen Krankheitserreger von Atemwegsinfekten. Senföle sind ein sehr gut wirksamer Pflanzenstoff gegen Schnupfen. Rettich & dessen Grün, Radieschen(blätter), Rucola, Kresse, Rapspflanzen, Rübsenpflanzen und Kapuzinerkresse, in geringen Mengen ist es auch in Kohl enthalten.
Ingwer und Meerrettich sind sehr gut erforschte Heilpflanzen, die auch bei chronischen Schnupfen sehr gut helfen. Am besten verabreicht man sie, indem man sie mit Banane oder einem anderen Lieblingsfutter vermischt anbietet.

Neben der Erreger-Abtötenden Therapie (Antibiotikum) ist es sehr wichtig, das Immunsystem gleichzeitig zu aktivieren.

Bestandspezifische Impfung (Autovakzine)

Schlägt die antibiotische Behandlung nicht an oder ist der Erreger multiresistent, kann man anstatt der antibiotischen Therapie durch eine speziell für das Tier bzw. den Bestand hergestellte Impfung den Erreger bekämpfen und abtöten. Dabei wird eine Spülprobe aus der Nase an das Labor geschickt, welches diesen Impfstoff herstellt. Dieser wird dann an die betroffenen Meerschweinchen verimpft, die daraufhin eine Immunität gegenüber dem Erreger ausbilden, so dass das Immunsystem den Erreger bekämpfen kann. Der Impfstoff kann gespritzt oder auch eingegeben werden. Mehr Infos

Aromatogramm

Mittlerweile ist es nicht nur möglich, Antibiotika auf Resistenzen zu testen, sondern auch ätherische Öle. Der Test nennt sich Aromatogramm, dafür wird eine Spülprobe aus der Nase ins Labor geschickt und man erhält eine Auflistung, welche ätherischen Öle den Erreger bekämpfen. Die ätherischen Öle können dann inhaliert und eingegeben werden. Mehr Infos

Immunsystem aufbauen

Mittel, die das Immunsystem puschen sind sinnvoll, oft reichen diese kombiniert mit erregerabtötenden Mitteln bei leichten Schnupfen aus, so dass auf ein Antibiotikum verzichtet werden kann.
Durch den Schnupfen wird das Immunsystem stark beansprucht und braucht einige Zeit um sich zu regenerieren. Zum Aufbau des Immunsystems ist Gladiator Plus (40 Tage Kur) sehr gut geeignet. Dadurch wird der Schnupfen meist bereits abgemildert und andere Mittel schlagen deutlich besser an. Ebenfalls für das Immunsystem wäre Umijo Pet eine sinnvolle Möglichkeit.
Manchen Meerschweinchen, die erstmals Schnupfen haben (kein chronischer Schnupfen) hilft eine Zylexiskur, allerdings darf diese nur bei ansonsten gutem Allgemeinzustand angewendet werden.

Über die Ernährung sollte auf einen hohen Anteil an ätherischen Ölen in einigen Futterpflanzen geachtet werden, diese sind erregerabtötende Pflanzen. Geeignete Pflanzen sind zum Beispiel Thymian, Oregano (gibt es auch als Futter- oder Wasseröl, ideal um Schnupfen im Bestand vorzubeugen oder begleitend zur Behandlung), Efeu, Thuja, Salbei, Kapuzinerkresse, Rettich und Nadelbaumzweige (außer Eibe, giftig!). Eine Auswahl dieser Kräuter, rund um die Uhr angeboten, kann den Schnupfen sehr gut beheben. Thuja aktiviert außerdem sehr stark das Immusystem. Ebenfalls ein bewährtes Mittel sind Schwarzkümmelpellets und Leinpellets.

Nase reinigen und Schleim lösen

Thuja
Thuja kann in kleinen Mengen gegen den Schnupfen als Futter angeboten werden.

Bei Nasenausfluss sollte als erstes die Nase gründlich gereinigt und Krusten gelöst werden. Dafür kann man die Krusten einweichen, die Nase befreien und ggf. mit Nasenabsauger für Babys (am besten diesen Nasensauger für den Staubsauger, der zieht optimal alles aus der Nase!), Pipette oder Spritze absaugen/frei halten), außerdem kann sie mit Kochsalzlösung gespült werden. Dafür wird eine mit NaCl gefüllte 1ml-Spritze in jedes Nasenloch gespritzt.

Zusätzlich sollten grundsätzlich Schleimlöser in den Mund eingegeben werden. Hierbei kann man auch zwei Präparate kombinieren, um die Wirkung zu verbessern. Gut geeignet ist beispielsweise Bromhexin (bei DIESEM Mittel 0,042-0,083ml/kg 2-3x tägl.) und ACC Kindersaft (0,25ml/kg 2-3x tägl.).

Als Schleimlöser helfen auch schleimlösende Pflanzen die z.B. Senföle enthalten (Kapuzinerkresse, Meerrettich, Rettich) und Pflanzen mit ätherischen Ölen (Thymian, Oregano, Thuja…).

Inhalationen verschaffen gerade bei chronischen Verläufen im Alltag Linderung. Schonend inhaliert wird, indem das Meerschweinchen in eine Transportbox oder ein Häuschen sitzt und eine Schale mit kochendem Wasser vor das Gitter gestellt wird. Ein Handtuch, das darüber liegt sorgt dafür, dass der Dampf in die Box zieht. Auch leise Kaltvernebler als Inhalatoren sind sehr sinnvoll, sie können daneben gestellt werden, wenn das Meerschweinchen etwas Leckeres zu fressen bekommt. Als Inhalationslösung eignet sich Kochsalzlösung (NaCl), dieser kann ein Tropfen ätherisches Thymianöl oder ein Schleimlöser hinzugegeben werden. Als Schleimlöser zum Inhalieren eignet sich Acetylcystein (ACC: Equimucin, Acc inject, verschreibungspflichtig) oder Ambroxolhydrochlorid (Ambroxol InhalatMucosolvan). Je nachdem, wie der Schleim beschaffen ist, verschreibt die Tierärztin oder der Tierarzt das richtige Mittel.

Die Maßnahmen zum Absaugen des Nasensekretes klappen oft besser nach der Inhalation. Eine verstopfte Nase führt sehr schnell zu Atemnot und der oft tödlichen Lungenentzündung!

Nimmt das Meerschweinchen viel Wasser auf, so ist der Schleim flüssiger und fließt eher ab. Um dies zu erreichen können zusätzlich zum Trinkwasser naturbelassene, naturtrübe Obst- oder Gemüsesäfte ohne Zuckerzusatz verdünnt mit Wasser angeboten werden. Zudem sollten die Meerschweinchen fast rein mit Frischfutter ernährt werden. Bei starkem Schnupfen können auch Infusionen helfen.

Ein Luftbefeuchter verbessert bei trockener Heizungsluft das Raumklima.


Freiwillig und stressfrei inhalieren trainieren

Wenn dein Meerschweinchen zuvor unter Zwang inhaliert hat, dann verbindet es diese Maske mit Zwang. Achte darauf, dass du zwei unterschiedliche Masken hast, die eine wird zum Training genutzt und nie unter Zwang angewendet. Wenn das Meerschweinchen freiwillig inhaliert, wird die alte Maske durch die Trainings-Maske ersetzt. Bei leichteren Fällen kann man auch zuvor noch nicht inhalieren so dass die Maske von Anfang an nur positiv verknüpft wird.

Wenn man einen chronischen Schnupfer hat, kann man auch das inhalieren trainieren. Dieses Training schon eher etwas für Fortgeschrittene und weniger für Anfänger beim Medical Training geeignet, denn es beinhaltet schon einige Schritte mehr und dauert eine ganze Weile länger. Die Arbeit lohnt sich allerdings, wenn man dann das inhalieren ohne Stress machen kann.

  1. Anfangs sollte man erstmal die Maske zum inhalieren positiv verknüpfen. Am einfachsten geht das wenn man Leckerlis aus der Maske füttert.
  2. Bedeutet die Maske für das Meerschweinchen es gibt Leckerlis, geht es daran nun das Meerschweinchen zu belohnen wenn es die Nase dort rein streckt. Die meisten tun das direkt, weil sie denken dort sind Leckerlis drin. Sobald die Nase ein Stück in der Maske ist, sofort belohnen. Das festigt man nun und versucht dann schrittweise, dass das Meerschweinchen immer länger mit der Nase in der Maske bleibt.
  3. Man kann auch die Maske für das Training etwas ausschneiden, so dass man an einer Stelle unter dem Mund Leckerlies durchschieben kann.
  4. Bevor man nun inhalieren kann. Muss das Geräusch des Inhalationsgerätes positiv verknüpft werden. Sprich dieses Gerät wird ein paar Sekunden an gemacht und sofort belohnt. Die Zeit vom Geräusch steigert man nun so lange bis man sieht, dass es ein normales Geräusch für das Meerschweinchen ist und keine Angst mehr vorhanden ist.
  5. Nun muss man anfangen, dass das Meerschweinchen mit der Nase an die Maske geht, wenn das Gerät an ist. Das macht man nun so wie vorher mit der Maske alleine und steigert die Zeit nach und nach.

Am Ende wird das Meerschweinchen freiwillig inhalieren.


Haltungsbedingungen

Schnupfenwird durch viele Faktoren beeinflusst, Fakt ist jedoch, dass Meerschweinchen mit idealen Haltungsbedingungen deutlich selten betroffen sind als Meerschweinchen mit schlechter Haltung. Deshalb spricht man auch von einer “Faktorenkrankheit”. Zudem gibt es einige Faktoren, die für Meerschweinchen mit Schnupfen die Haltung verbessern.

Außen- oder Innenhaltung? Auch wenn vielerorts bei Schnupfen zur Außenhaltung geraten wird, weil diese förderlich sein soll, lässt sich das in der Praxis nicht immer bestätigen. Wichtig ist bei Innenhaltung, dass die trockene Raumluft durch ein nasses Tuch auf der Heizung oder andere Maßnahmen befeuchtet wird, dies ist für die Atemwege wichtig. Außerdem ist eine UVB Lampe unverzichtbar. In Außenhaltung sollte auf guten Wetterschutz, winddichte Bereiche und trockene Einstreu geachtet werden. Auch der Platzbedarf der Meerschweinchen muss berücksichtigt werden, viel Platz sorgt für harmonischere Gruppen und weniger Infektionsdruck. Je idealer die Haltung ist, desto stärker wirkt sich das auf das Immunsystem aus.

Eine schlechte Ernährung begünstigt Schnupfen, eine gute Ernährung kann ihn reduzieren. Achten Sie auf eine frischfutterreiche, bedarfdeckende Ernährung, lesen Sie sich genau in die Ernährungsbedürfnisse von Meerschweinchen ein. Meerschweinchen mit Schnupfen sollten besonders viele Kräuter (Wild- und Küchenkräuter) bekommen. Atemwege-Kräuter wie z.B. Salbei, Pfefferminze, Thuja, Oregano, Kapuzinerkresse, Spitzwegerich und Thymian sind sehr wichtig. Auch mit Ingwer und Meerrettich wurden gute Erfahrungen gemacht, er wird jedoch meist erst nach ein paar Tagen angerührt. Sollte er gar nicht gefressen werden, kann man ihn geraspelt in zerdrückter Banane verstecken.

Wärme kann bei Schnupfen helfen, eine Rotlichtlampe oder auch eine UVB Lampe kann den Meerschweinchen zur Verfügung gestellt werden.

Einstreu sollte besonders staubarm sein (z.B. Hanfeinstreu oder Ecoflax). Auch das Heu sollte staubarm sein (heißluftgetrocknet), staubige Streu und staubiges Heu reizen die angegriffenen Atemwege und können den Schnupfen verstärken. Besonders empfindlich sind Schnupfer bei feuchter oder ammoniakhaltiger Einstreu, deshalb sollten sie sehr häufig ausgemistet werden.

Weiterführend

Mycoplasmen

Chlamydien

Quellen u.a.:

Brendieck-Worm, C., & Melzig, M. F. (Eds.). (2021): Phytotherapie in der Tiermedizin. Georg Thieme Verlag.

Drescher B., Hamel I (2012): Heimtier und Patient. Meerschweinchen, 3. Auflage, Enke Verlag Stuttgart

Ewringmann, A. (2012): Leitsymptome beim Meerschweinchen, Chinchilla, Degu. Diagnostischer Leitfaden und Therapie. 2. überarb. Auflage, Enke

Gabrisch, K., Peernel Zwart (2004): Krankheiten der Heimtiere, Schlütersche Verlag, ISBN-10: 389993010X