Saubere Augen und Nase, ein gutes Allgemeinbefinden – bei der Aufnahme neuer Meerschweinchen sollten die Tiere genau in Augenschein genommen werden!

Mykoplasmen spielen in vielen Meerschweinchenbeständen mittlerweile eine große Rolle und können verschiedene Erkrankungen auslösen. Sie sind die kleinsten zur selbstständigen Vermehrung fähigen Bakterien der Klasse der Mollicutes. Beim Meerschweinchen wurden verschiedene Mycoplasmen gefunden, unter anderen M. caviae und M. pulmonis, wobei M. caviae als spezieller Erreger der Meerschweinchen gilt.

Übertragung

Die Mykoplasmen spielen im Vergleich zu früher, heute eine sehr große Rolle in den Meerschweinchenbeständen. Diese Zunahme ist damit zu erklären, dass die meisten Meerschweinchen aus wenigen mit Mykoplasmen verseuchten Zoohandel-Massenzuchten kommen und so innerhalb kurzer Zeit Mykoplasmen in die Haushalte eingeschleppt wurden. Man geht davon aus, dass etwa 60% der Meerschweinchen infiziert sind. Die meisten sind stille Träger, können aber unentdeckt den Rest der Gruppe anstecken.

  • Mykoplasmen werden meistens bei der Aufnahme neuer Meerschweinchen eingeschleppt.
  • Auch der Mensch kann Mykoplasmen übertragen (selten)
  • Auch verunreinigtes Futter kann ein Überträger sein.
  • Nagetiere aus der Umgebung sind ebenfalls teilweise Überträger (M. pulmonis)

Mykoplasmen werden hauptsächlich über die Luft (bzw. per Tröpfcheninfektion) übertragen. Auch infiziertes Futter (z.B. durch Ratten, Mäuse oder andere Meerschweinchen) oder Gegenstände (z.B. Einrichtung die bereits Kontakt zu anderen Meerschweinchen hatte), kann einen Übertragungsweg darstellen.

Achtung bei Neuzuzügen: Oftmals werden Meerschweinchen abgegeben, da das noch recht junge Partnertier plötzlich an einer (der für Mykoplamen typischen) Erkrankung verstorben ist. Die Tiere sind oft in der Quarantäne bereits auffällig, da sie sehr ausgeprägt trauern. Bei der Vergesellschaftung, wird durch den Stress teils das Immunsystem geschwächt, so dass es zu weiteren Ausbrüchen kommen kann. Deshalb macht es Sinn, genau nachzufragen, wie alt das Partnertier war und welche Erkrankung es hatte. Bei Mykoplasmen-typischen Symptomen und einem plötzlichen Tod von Tieren unter 5 Jahren, ist das Mykoplasmen-verdächtig!

Mykoplasmenfrei getestete Zuchtbestände sind die Voraussetzung für gesunde Jungtiere.

Eine gründliche Untersuchung, Testungen auf Mykoplasmen und die Einhaltung der Quaräntäne neu zugekaufter Tiere hilft dabei, Mykoplasmen nicht in den eigenen Bestand einzuschleppen! Man kann nicht davon ausgehen, dass vom Zoohandel, Tierheim oder Züchter erworbene Tiere frei von Mykoplasmen sind, wenn dies nicht getestet wurde. Nur die systematische Testung der eigenen und aufgenommenen Tiere führt zu Mykoplasmen-Freiheit im Bestand! Zuchttiere sollten zwingend vor dem Zuchteinsatz getestet und nur Mykoplasmen-freie Bestände zu Zuchtzwecken eingesetzt werden!

M. caviae ist ein spezieller Erreger beim Meerschweinchen, der nicht auf den Menschen übertragbar ist. M. Pulmonis ist eine sogenannte Zoonose, d.h. immungeschwächte Menschen (Kinder, Säuglinge, alte Menschen, geschwächte und kranke Menschen) können sich anstecken. Deshalb sollte auf eine gute Hygiene geachtet werden.

Ursache

Viele Meerschweinchen sind Trägertiere, ohne sichtbare Krankheitszeichen zu zeigen. Zu Symptomen kommt es meist durch äußere Umstände, die das Immunsystem schwächen, z.B.:

  • Stress (Vergeselllschaftungen, Umzüge, Urlaubsbetreuung, unharmonische Gruppen, wenig Platz, Zwangskuscheln, Hitzestress…)
  • Zugluft, Temperaturwechsel und trockene Heizungsluft im Winter
  • Nasse Einstreu, unhygienische Haltungsbedingungen
  • schlechte Ernährung, Vitaminmängel
  • andere schwere Erkrankungen
  • zusätzliche Erreger, z.B. Viren oder Bakterien

Die zuvor augenscheinlich gesunden Tiere zeigen plötzlich und oft schleichend Symptome.

Mykoplasmen sind oft vor allem dadurch gefährlich, dass sie Sekundärinfektionen mit anderen Bakterien und auch Viren begünstigen.

Symptome

Erkranken oder versterben mehrere Meerschweinchen in einem Bestand an Mykoplasmen-verdächtigen Symptomen, ist schnelles Handeln gefragt, Mykoplasmen können z.B. bei Stress seuchenhaft auftreten, aber auch nur Einzeltiere befallen, die z.B. erkrankt oder gestresst sind.

Mykoplasmen verursachen vielfältige Erkrankungen. Häufiger kommt es zu schweren Atemwegserkrankungen, sie gehören außerdem zu den häufigsten Erregern von akuten Gelenksentzündungen beim Meerschweinchen. Außerdem treten Lymphknotenentzündung und Gebärmutterentzündungen im Zusammenhang mit Infektionen durch M. caviae auf. Augenerkrankungen und Fehlgeburten können ebenfalls durch Mykoplasmen begründet sein. Die Meerschweinchen können jedoch auch symptomlos infiziert sein.

Symptome Atemwegserkrankungen: Schnupfen, Niesen, Nasenausfluss, Krusten oder Sekret an Nase und um die Augen

Symptome Lungenerkrankung: schwere Atmung, Atemnot, Atemgeräusche, Würgen, chronischen Lungenveränderungen können auch mit einem stumpfen, struppigen Fell einhergehen. Auffälligkeiten beim Abhören.

Eine anatomische Besonderheit des Meerschweinchen, ist die ausgeprägte Muskulatur um die Bronchien und auch Lungenarterien, die bei Kontraktion sehr schnell zu einer schlechten Durchblutung und Belüftung der Lunge und damit zu einer höheren Anfälligkeit für Atemwegserkrankungen führt!

Verkrustungen und Sekret an der Nase

Symptome Augenerkrankung Konjunktivitis (Lidbindehautentzündung): siehe Augenerkrankungen

Symptome Verdauung: Bauchschmerzen und Appetitlosigkeit, einzelne Meerschweinchen magern ab

Symptome Gebärmutterentzündung: gestörtes Allgemeinbefinden, Apathie, Zurückgezogenheit, Scheidenausfluss (ggf. mit dem Urin vermischt), Nahrungsverweigerung, Schmerzen, Abmagerung (Wirbelsäule tastbar) trotz dickem Bauch

Symptome Gelenksentzündung: siehe Gelenkserkrankungen

Symptome Rachenentzündung: siehe Rachenentzündung

Symptom stresssensibel: Einstellen der Nahrungsaufnahme bei Stress oder nach Narkosen, Krankheitsanfälligkeit bei Stress oder Veränderungen…

Blaue Schleimhäute durch Sauerstoffmangel

Die Mykoplasmose verläuft in der Regel schleichend und chronisch, erst nach einigen Monaten tritt eine deutliche Verschlechterung des Allgemeinbefindens auf.

Geht es einem Meerschweinchen ohne erkennbaren Grund schlecht bzw. nach OP´s oder dem Tod von Partnertieren, so sollten immer Mykoplasmen als Ursache berücksichtigt werden!

Diagnostik: Wie wird eine Mykoplasmen-Infektion nachgewiesen?

Ein Abstrich wird an der erkrankten Stelle genommen (z.B. Auge, Nase) und ins Labor geschickt. Das Labor muss gezielt beauftragt werden, nach Mykoplasmen zu suchen (Mykoplasmen PCR), in der normalen bakteriologischen Untersuchung sind sie nicht enthalten, da sie sich nicht einfach anzüchten lassen. Zudem sollte zusätzlich eine bakterielle Untersuchung erfolgen um bakterielle Sekundärerreger mit behandeln zu können.

Therapie: Was hilft meinen Meerschweinchen?

Mykoplasmen sind immer ein Bestandsproblem, auch wenn nur ein einzelnes Meerschweinchen erkrankt, sollten alle behandelt werden. Betroffene Bestände werden nach Antibiogramm mit einem wirksamen Antibiotikum behandelt, oftmals Azithromycin oder Doxycyclin.

Unterstützend kann bei wiederkehrenden Problemen mit dem Erreger eine Autovakzine speziell für den Bestand erstellt werden.

Leider bleibt der Erreger auch nach der Behandlung im Bestand und kann durch bestimmte Faktoren (siehe oben) wieder ausgelöst werden. Belastende Situationen oder schlechte Umweltbedingungen sollten daher soweit wie möglich strikt vermieden werden. Zudem sollte bei einem Tierarztbesuch immer angesprochen werden, dass eine Infektion im Bestand vorliegt.

Ihr könnt euch das wie eine Herpes-Infektion vorstellen. Nicht immer sind Bläschen an den Lippen zu sehen, aber die betroffenen Menschen sind trotzdem Träger und es kann immer wieder zu Bläschen kommen!

Das Immunsystem kann durch die Reduktion von Stress, eine ausgewogene Ernährung, gute Haltungsbedingungen, eine harmonische Gruppe (ggf. umgruppieren!) und Nahrungsergänzungsmittel (z.B. RodiCare immun, Zylexis) unterstützt werden. Solche Mittel können auch bei anstehenden Ereignissen (Vergesellschaftung, Umzug, Urlaub, Tierarzt) vorbeugend etwa 10 Tage drum herum stressfrei auf einem Leckerli gegeben werden.

Je nachdem welche Erkrankung die Mykoplasmen auslösen, muss diese ebenso gezielt behandelt werden, dafür sind umfangreiche Behandlungen (z.B. bei Atemwegserkrankungen Schleimlöser, Inhalationen usw. – bei Augenerkrankungen Augentropfen) notwendig!

Es macht Sinn, in einem betroffenen Bestand nur ebenfalls infizierte Meerschweinchen aufzunehmen, da sich die neuen Meerschweinchen sonst anstecken!

Quellen u.a.:

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