Rodentiose, Pseudotuberlulose, Nagerpest oder Nager-Tuberkulose?

Der auslösende Erreger dieser Erkrankung ist Yersinia pseudotuberculosis. Der Begriff „Pseudotuberkulose“ sollte vermieden werden, da er mit der Pseudotuberkulose der Schafe und Ziegen (Erreger: Corynebacterium pseudotuberculosis) verwechselt werden kann. Auch der Begriff „Nager-Tuberkulose“ ist nicht ideal, da der auslösende Erreger keine Mykobakterium ist.

Meerschweinchen in Außenhaltung sind häufiger betroffen.

Ursachen und Ansteckung

  • am häufigsten erfolgt die Ansteckung beim Meerschweinchen über die Aufnahme von infizierten Futter, das mit Kot in Kontakt erkrankter Tiere gekommen ist oder mit verunreinigten Wasser gewaschen wurde. Dabei kann sowohl Gemüse, als auch Wiesenfutter und Heu zu einer Ansteckung führen.
  • Auch das Trinken von mit dem Erreger verunreinigten Wasser (z.B. durch Wildvögel am Vogelbad, zu dem die Meerschweinchen Zutritt haben) ist eine mögliche Infektionsquelle.
  • Insbesondere feuchte Biotope können ein Reservoir für den Erreger darstellen, die Meerschweinchen können sich an solchen Bereichen infizieren.
  • Zugekaufte, augenscheinlich gesunde Meerschweinchen können das Bakterium mitbringen.
  • Ist einmal der Erreger eingeschleppt worden, können sich natürlich die Meerschweinchen auch gegenseitig anstecken.
  • Eine Immunschwäche, z.B. durch Stress, Darmparasiten, eine andere Erkrankung oder eine schlechte Fütterung begünstigt den Ausbruch wenn sich die Tiere einmal infiziert haben.

Können auch andere Tiere oder der Mensch sich anstecken?

Der Erreger Yersinia pseudotuberculosis ist auf andere Tierarten übertragbar und auch der Mensch kann betroffen sein (Zoonose). Neben Meerschweinchen bilden hauptsächlich Nagetiere, Hasenartige inkl. Kaninchen und Feldhasen, Hunde, Wildvögel und Wildsäugetiere (Fuchs, Reh…) Krankheitssymptome aus. Die Übertragung funktioniert über den Kot der Tiere.

Die Inkubationszeit beträgt fünf bis zehn Tage.

Das Bakterium ist relativ resistent gegenüber Umwelteinflüssen und kann sich bei Temperaturen von ca. 18-20 Grad Celsius in Wasser oder feuchter Umgebung vermehren. Auch im Boden bleibt Y. pseudotuberculosis über viele Monate ansteckend. Besonders in Biotopen oder feuchten Gebieten kann es jahrelang infektiös überdauern. Gegenüber hohen Temperaturen und Trockenheit ist das Bakterium dagegen sehr empfindlich.

Symptome

Meerschweinchen können den Erreger tragen ohne dass sie Krankheitssymptome entwickeln. Zum Ausbruch der Erkrankung kommt es erst durch eine Immunschwäche, deshalb handelt es sich um eine Faktorenkrankheit.

Vermehrt sich der Erreger Y. pseudotuberculosis, kommt es zur Schädigung der Darmschleimhaut mit Entzündungsherden. Die Bakterien wandern außerdem ins Lymphsystem, dadurch kommt es zu geschwollenen Gekröselymphknoten und einer vergrößerten Milz, teils haben die Lymphknoten eine Tendenz zum Abszess. Diese massiven Zubildungen gaben der Krankheit auch den Namen „Pseudotuberkulose“. Die Meerschweinchen können an einer Bakteriämie plötzlich versterben, weit häufiger kommt es bei guten Haltungsbedingungen jedoch zu chronischen Verläufen mit sehr unterschiedlichen, oft immer wiederkehrenden Krankheitszeichen, z.B.:

  • leichte, wiederkehrende Störungen des Allgemeinbefindens ansonsten fitte, normalgewichtige Tiere
  • immer wiederkehrende Störungen des Allgemeinbefindens mit Abmagerung und Schwäche
  • Durchfall
  • Lungenentzündungen (Atembeschwerden)
  • bis hin zur Lähmung

Diagnose

Die Erkrankung verläuft so unspezifisch, dass die Diagnose meistens erst nach dem Tod eines Tieres in der Pathologie gestellt wird. 

Der Nachweis am lebenden Meerschweinchen ist schwierig.

Therapie

Das Bakterium lässt sich mit Chloramphenicol behandeln, welches von Meerschweinchen meist sehr gut vertragen wird. Auch Partnertiere bzw. alle Tiere des Haushalts sollten behandelt werden. Leider ist die Behandlung nicht immer erfolgreich, gerade da die Diagnose häufig erst im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf gestellt wird und/oder es sich um eine Verdachtsdiagnose handelt.

Bei Verdacht auf Rodentiose sollte auf penible Hygiene genachtet werden und der Schutz des Menschen im Vordergrund stehen.

Quellen u.a.:

EFSA (2007): Scientific Opinion of the Panel on BIOHAZ on a request from EFSA on monitoring and identification of human enteropathogenic Yersinia spp. The EFSA Journal

Ewringmann, A., & Glöckner, B. (2012): Leitsymptome bei Meerschweinchen, Chinchilla und Degu: Diagnostischer Leitfaden und Therapie. Georg Thieme Verlag.

Hein, J. (2017): Durchfallerkrankungen bei Kleinsäugern: Ursache, Diagnostik, Therapie. schlütersche.

Grothmann, P. (2007): Zur Prävalenz fakultativ pathogener Bakterien in deutschen Zoos mittels Yersinia-und Burkholderia-selektierender Nährmedien (Doctoral dissertation, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover).

Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit:
Yersiniose (Pseudotuberkulose). [https://www.laves.niedersachsen.de/startseite/tiere/tiergesundheit/tierseuchen_tierkrankheiten/yersiniose-pseudotuberkulose-132663.html; Stand: 2.3.22]