Auch wenn es keine wissenschaftlichen Erhebungen darüber gibt, wie viel Meerschweinchen in Deutschland an Chlamydien leiden, geht man davon aus, dass die Werte vergleichbar mit denen in Nachbarländern wie der Schweiz (2,7 %, 7/260) und den Niederlanden (8,9 %, 78/878) sind. Fast 90% der infizierten Meerschweinchen zeigt keine Symptome, trotzdem handelt es sich um einen wichtigen Erreger für typische Meerschweinchen-Erkrankungen, der in einer Schweizer Studie für ca. 50% der Augenerkrankungen verantwortlich war.

Diese Chlamydien-Stämme finden sich bei Meerschweinchen:

  • Chlamydia caviae (Hauptwirt: Meerschweinchen)
  • Chlamydia psittaci (Hauptwirt: Vögel)

Symptome

Fast 90% aller mit Chlamydien infizierten Meerschweinchen zeigten in einer Studie keinerlei Krankheitsanzeichen, wodurch es zu einer unerkannten Ausbreitung des Erregers im Bestand kommen kann. Meist treten Symptome innerhalb von 3-4 Wochen auf. Betroffene Einzeltiere oder Bestände zeigen typischerweise folgende Erkrankungen:

Beim wöchentlichen Meerschweinchen-TÜV sollten auch die Nase, Augen und Genitalien genau betrachtet werden.
  • Augenerkrankungen (Ausfluss, follikuläre Bindehautentzündung, Hornhautentzündung, Wucherungen der Cornea)
  • Atemwegserkrankungen (Nasenschleimhautentzündung, Infektionen der unteren Atemwege, Lungenentzündungen, Bronchitis)
  • Harnwegserkrankungen
  • Erkrankungen der Fortpflanzungsorgane (Unfruchtbarkeit, Genitaltrakt-Infektionen und Fehlgeburten) – besonders in der Zucht relevant, hier sollte auf einen Chlamydien-freien Bestand durch Bluttests geachtet werden, da Chlamydien auch auf die Jungtiere übertragen werden können.

Ist der Bestand nicht nur von Chlamydien betroffen, sondern auch noch von Mykoplasmen, nutzen die Chlamydien die Immunschwäche möglicherweise aus, um auszubrechen.

Wenn Chlamydien in Ihrer Gruppe auftreten, sollte jeglicher Stress vermieden werden (harmonische Gruppe, Vermeidung neuer Meerschweinchen, schonender Umgang, zugfreier und ruhiger Standort des Geheges usw.), damit es zu keinem Ausbruch kommt.

Da die durch Chlamydien verursachte Keratokonjunktivitis beim Meerschweinchen oft selbstlimitierend ist, heilt sie oft von alleine innerhalb von 3-4 Wochen aus.

Jungtiere können sich bereits beim Muttertier anstecken.

Immunkompetente Meerschweinchen haben häufig nur sehr leichten, flüssigen und durchsichtigen Augen- oder Nasenausfluss, wenn sie sich infizieren oder gestresst sind.

Jungtiere können sich bereits beim Muttertier anstecken.

Erregernachweis und Diagnose

Den Erreger und Antikörper gegen den Erreger kann man durch einen Abstrich an der erkrankten Stelle oder durch Bluttests nachweisen. Dies kann erfolgen durch:

  • Antigen-ELISA
  • Nachweis von spezifischen Antikörpern durch Komplementbindungsreaktion
  • PCR (Achtung: ggf. subklinische Fälle!)
  • Isolierung mit Zellkultur oder Brutei
  • Nachweis von Einschlusskörper (Elektronenmikroskop, Immunfluoreszenz; Immunhistochemie)

Chlamydien sind meldepflichtig!

Die gemeinsame Haltung von Meerschweinchen und anderen Tieren kann zur Übertragung von Chlamydien beitragen.

Behandlung

Gegen Chlamydien-Infektionen helfen Antibiotika, wobei viele resistent sind und daher nicht wirksam sein können. Geeignete Antibiotika sind unter anderem:

  • Doxycyclin
  • Azithromycin (Makrolid) – teilweise Resistenzen
  • Enrofloxacin (Orniflox, Baytril – Fluorchinolon)

Bei Trachomen sind zusätzlich Augentropfen, eine Epilation und die chirurgische Versorgung wichtig.

Übertragung und Vorbeugung/Prophylaxe

Wie stecken sich Meerschweinchen an?

Chlamydien sind auf den Menschen und andere Tierarten übertragbar (auch auf Katzen, Pferde, Vögel und mit Meerschweinchen zusammen lebende Kaninchen) und stellen somit eine Zoonose dar.

  • Chlamydien werden meistens bei der Aufnahme neuer Meerschweinchen eingeschleppt. Quarantänemaßnahmen, Chlamydien-freie Zuchten und Tests helfen, dies zu vermeiden.
  • Vögel aus der Umgebung sind ebenfalls teilweise Überträger. Cp. psittaci kann bei infizierten Vögeln selbst bei Austrocknung ca. 4 Wochen ansteckend bleiben. Es kommt in Nasen- und Augenausfluss, Kot und Federstaub. Infizierte Vögel können augenscheinlich gesund oder schwer krank sein.
  • Chlamydien werden hauptsächlich über die Luft (bzw. per Tröpfcheninfektion) oder Schmierinfektion übertragen. Auch infiziertes Wasser oder Futter (z.B. durch Vögel oder andere Meerschweinchen) kann einen Übertragungsweg darstellen.
  • Insektenschutz ist wichtig (Chlamydien im Augensekret), z.B. durch Fliegengitter an den Fenstern oder über dem Volierendraht (in Außenhaltung)
  • Viele Zuchttiere tragen Chlamydien und infizieren die Jungtiere

Aktuell gibt es keine Impfung für Meerschweinchen im Handel. Katzen und Schafe können geimpft werden.

Übertragung auf den Menschen

Wie ansteckend ist es für den Menschen?

Es sollte eine penible Hygiene im Umgang mit erkrankten Tieren eingehalten werden, bis die Behandlung abgeschlossen ist. Immungeschwächte, ältere Menschen oder Kinder und Säuglinge sollten ferngehalten werden. Infizierte Menschen können grippeähnliche Symptome entwickeln, sie erkranken an Fieber, Unbehagen, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen.

Die Übertragung auf den Menschen (insbesondere bei Kontakt zu infizierten Tieren) erfolgt über die Luft, aber auch durch Kontakt zu Meerschweinchen, Kot oder Ausfluss. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch wurde bisher nicht nachgewiesen.

Informiere den Hausarzt darüber, dass Kontakt zu Meerschweinchen besteht und diese an Chlamydien erkrankt sind, wenn typische Symptome auftreten.

Die Räumlichkeiten dürfen nur in Schutzkleidung und mit Atemschutz betreten werden. Die Schutzkleidung, die Hände, die Arme und das Schuhwerk sind nach Anweisung des Tierarztes feucht zu reinigen und zu desinfizieren.


Quellen u.a.:

Albini, S., Marti, H., Imkamp, F., & Borel, N. (2023): Update zum Zoonosepotential von Chlamydien. Schweizer Archiv für Tierheilkunde165(3), 165-178.

Ciuria, S., Brouwer, M. S., de Gier, M. M., van Zeeland, Y., Bossers, A., Prähauser, B., … & Borel, N. (2021). Chlamydia caviae in swiss and dutch guinea pigs—occurrence and genetic diversity. Pathogens10(10), 1230.

Ewringmann, A., Glöckner, B. (2012): Leitsymptome bei Meerschweinchen, Chinchilla und Degu
Diagnostischer Leitfaden und Therapie, ISBN: 9783830410911, 2. Aufl., überarb. 2012

Lutz-Wohlgroth, L.; Becker, A.; Brugnera, E.; Huat, Z.L.; Zimmermann, D.; Grimm, F.; Haessig, M.; Greub, G.; Kaps, S.; Spiess, B.; et al. Chlamydiales in Guinea-pigs and Their Zoonotic Potential. J. Veter. Med. Ser. A 200653, 185–193

Mayr. (2007): Medizinische Mikrobiologie, Infektions-und Seuchenlehre (8., überarbeitete Auflage). Schweizer Archiv für Tierheilkunde149(9), 419-419.

Overgaauw, P.; Avermaete, K.; Mertens, C.; Meijer, M.; Schoemaker, N. Prevalence and zoonotic risks of Trichophyton mentagrophytes and Cheyletiella spp. in guinea pigs and rabbits in Dutch pet shops. Veter. Microbiol. 2017205, 106–109.

Pantchev, A. (2010): Spezies-spezifischer Nachweis von Chlamydien bei Haustieren mittels Real-Time PCR (Diss, Universitätsbibliothek Giessen).

Walde, I. (Ed.). (2008): Augenheilkunde: Lehrbuch und Atlas; Hund, Katze, Kaninchen und Meerschweinchen. Schattauer Verlag.

Wask, L. (2017). Entwicklung einer neuen Klasse antimikrobieller Wikstoffe gegen das intrazelluläre Bakterium Chlamydia trachomativ-Proof of concept im optimierten Maus-Lungeninfektionsmodell (Doctoral dissertation, Tierärztliche Hochschule Hannover).