Jeder Meerschweinchen-Besitzer weiß wie stressempfindlich Meerschweinchen sind. Gerade wenn es um Untersuchungen oder Medikamentengaben geht, wird es für die meisten Meerschweinchen schnell extrem anstrengend. Der Stress wirkt sich wiederum negativ auf die Heilung der Erkrankung aus.
Doch es gibt eine Lösung wie man bei Untersuchungen und Medikamentengaben das Stresslevel senken kann.
Diese Lösung heißt “Medical Training”. Viele Zoos wenden diese Methode schon bei Wildtieren an, aber auch mit Haustieren kann man es machen.
Übersetzt heißt “Medical Training” einfach “medizinisches Training”. Darunter könnten sich die meisten Menschen nun auch etwas vorstellen.
Es geht beim “Medical Training” darum, dass man das jeweilige Tier an medizinisch notwendige Untersuchungen, oder auch Medikamentengaben, gewöhnt. Solche Situationen sind am Ende dann für die Meerschweinchen nichts besonderes mehr, sondern etwas absolut Gewohntes und Vertrautes. So steigt der Stresspegel durch Untersuchungen nicht enorm hoch
Wer mit seinen Meerschweinchen schon clickert, kann das auch nach diesem Prinzip machen.
Man braucht wenige Dinge um das “Medical Training” zu starten:
- jede Menge Geduld
- viele Leckerchen
- und ein Meerschweinchen was nicht scheu ist, sondern dir schon vertraut
Hat man das alles, kann es auch schon los gehen.
Am besten startet man mit etwas einfachen, wie in die Krallen schneiden.
Übersicht über die Seite:
Krallen schneiden trainieren
- Man geht nun auf keinen Fall hin und schneidet einfach die Krallen! Man fängt erstmal damit an, dass man die Pfote des Meerschweinchens berühren kann.
Für fast alle Meerschweinchen ist das normalerweise unangenehm und sie lassen es nicht zu.
Man setzt sich zu seinem Meerschweinchen , berührt ganz kurz die Pfote und gibt dem Meerschweinchen sofort ein Leckerchen.
Diesen Vorgang wiederholt man nun so oft, bis das Meerschweinchen verstanden hat:
Fuß berühren = Leckerchen. - Als nächsten berührt man diesen Fuß immer länger. Man übt das aber auch in kleinen Schritten wie beim ersten Schritt. Geht man zu schnell vor, ist das Meerschweinchen überfordert und hat einfach keinen Spaß daran. Deswegen muss man langsam über einem längeren Zeitraum in kleinen Schritten den Vorgang einstudieren.
Fuß lang berühren = Leckerchen - Wenn man nun die Pfote über 30 Sekunden berühren kann, fängt man an die Pfote sehr kurz anzuheben. Aber wirklich anfangs nur für ein oder zwei Sekunden und dann sofort absetzen und belohnen.
Fuß kurz anheben = Leckerchen - Man wiederholt das nun wie in den ersten beiden Schritten ganz langsam über einem längeren Zeitraum.
Fuß lang kurz anheben = Leckerchen - Kann man die Pfote über einen längeren Zeitraum hoch nehmen und das Meerschweinchen bleibt trotzdem sitzen, geht man nun zum richtigen Schneiden über. Anfangs jedoch tut man erst noch so, als ob man schneidet.
- Ganz zu anfangs zeigt man nun die Krallenschere erstmal dem Meerschweinchen damit es sich die Schere in Ruhe anschauen und beschnuppern kann. Meerschweinchen mögen es nun mal ganz und gar nicht, wenn man sie mit was Neuen überrascht und sie es sich nicht anschauen können. Wenn die Schere noch etwas Fremd ist, kann man sie ein paar Tage bei der Fütterung zum Futter legen. Sollten sie Angst vor der Krallenschere haben, so musst du sie länger daran gewöhnen oder eine andere verwenden, da sie diese evtl. noch mit dem Krallenschneiden unter Zwang verbinden.
Ziel: Krallenschere = ok - Hat sich das Meerschweinchen die Schere angeschaut und findet sie nicht mehr ungewohnt, nimmt man die Pfote so hoch und tut erstmal so als ob man schneidet indem man die Krallenschere den Nagel berühren lässt. Danach sofort die Pfote absetzen und belohnen. Zu anfangs Bitte wirklich erst nur so tun. Bevor das Meerschweinchen doch mal unsicher wird und die Pfote zurück zieht. Es kann dann eben schnell passieren, dass man zu weit schneidet und das wäre eine absolut doofe negative Erfahrung.
Krallen mit Schere berühren = Leckerchen - Im nächsten Schritt berührst du mehrere Knallen hintereinander und belohnst nach jeder einzelnen Kralle dein Meerschweinchen . Erst zwei, bei der nächsten Übung drei usw. bis du das beim ganzen Fuß machen kannst.
- Bei den Berührungen kannst d nun anfangen, mit der Krallenschere den Nagel zu umschließen und leicht zu drücken ohne den Nagel zu schneiden.
Kralle mit der Schere drücken ohne zu schneiden = Leckerchen - Wenn dein Meerschweinchen die Übung toll findet und sich daran gewöhnt hat, kannst du diese Übung mehrmals in der Woche wiederholen und ab und zu dabei mal einen Nagel knipsen und danach sofort belohnen. Knipse anfangs nicht alle auf einmal sondern ganz vorsichtig dazwischen einen.
Nagel knipsen = Leckerchen
So kann man dann ohne stressige Einfangaktionen die Krallen schneiden. Es dauert zwar etwas, bis es trainiert ist, aber die Geduld lohnt sich. Man übt das nun so lange mit dem Vorgang, bis das Meerschweinchen weiß was kommt und dann kann man anfangen, die eine Kralle zu schneiden.
Inhalieren trainieren
Wenn dein Meerschweinchen zuvor unter Zwang inhaliert hat, dann verbindet es diese Maske mit Zwang. Achte darauf, dass du zwei unterschiedliche Masken hast, die eine wird zum Training genutzt und nie unter Zwang angewendet. Wenn das Meerschweinchen freiwillig inhaliert, wird die alte Maske durch die Trainings-Maske ersetzt. Bei leichteren Fällen kann man auch zuvor noch nicht inhalieren so dass die Maske von Anfang an nur positiv verknüpft wird.
Wenn man einen chronischen Schnupfer hat, kann man auch das inhalieren trainieren. Dieses Training schon eher etwas für Fortgeschrittene und weniger für Anfänger beim Medical Training geeignet, denn es beinhaltet schon einige Schritte mehr und dauert eine ganze Weile länger. Die Arbeit lohnt sich allerdings, wenn man dann das inhalieren ohne Stress machen kann.
- Anfangs sollte man erstmal die Maske zum inhalieren positiv verknüpfen. Am einfachsten geht das wenn man Leckerlis aus der Maske füttert.
- Bedeutet die Maske für das Meerschweinchen es gibt Leckerlis, geht es daran nun das Meerschweinchen zu belohnen wenn es die Nase dort rein streckt. Die meisten tun das direkt, weil sie denken dort sind Leckerlis drin. Sobald die Nase ein Stück in der Maske ist, sofort belohnen. Das festigt man nun und versucht dann schrittweise, dass das Meerschweinchen immer länger mit der Nase in der Maske bleibt.
- Man kann auch die Maske für das Training etwas ausschneiden, so dass man an einer Stelle unter dem Mund Leckerlies durchschieben kann.
- Bevor man nun inhalieren kann. Muss das Geräusch des Inhalationsgerätes positiv verknüpft werden. Sprich dieses Gerät wird ein paar Sekunden an gemacht und sofort belohnt. Die Zeit vom Geräusch steigert man nun so lange bis man sieht, dass es ein normales Geräusch für das Meerschweinchen ist und keine Angst mehr vorhanden ist.
- Nun muss man anfangen, dass das Meerschweinchen mit der Nase an die Maske geht, wenn das Gerät an ist. Das macht man nun so wie vorher mit der Maske alleine und steigert die Zeit nach und nach.
Am Ende wird das Meerschweinchen freiwillig inhalieren.
Freiwillig in die Transportbox gehen und stressfrei transportiert werden
Viele Meerschweinchen haben Angst beim Transport (z.B. zum Tierarzt oder zur Urlaubsbetreuung). Das muss man nicht einfach hinnehmen, denn Transportboxtraining kann die Box zum Freund machen. Dafür sollte sie regelmäßig oder dauerhaft im Gehege stehen und mit einem regelmäßigen Futterangebot in der Box attraktiv gemacht werden. Füttere immer etwas besonderes vorne an der Transportbox, wenn du sie ins Gehege stellst. Wenn die Meerschweinchen zur Box beim Abstellen kommen, kannst du im nächsten Schritt in der Box etwas besonderes füttern. Erst wenn sie schon tagelang problemlos akzeptiert wurde, kann man sie für wenige Sekunden schließen. Klappt das auch und hat man es über einen längeren Zeitraum geübt, so kann man die Box auch kurz anheben üben. Auf diesem Weg gewöhnen sich die Meerschweinchen so gut an die Box, dass sie diese zukünftig freudig begrüßen statt sich unter dem Schrank zu verstecken. Das erspart euren Meerschweinchen sehr viel Stress und Ängste!
Wichtig ist, dass besonderes Futter immer in der Box gefüttert wird.
Freiwillig Medikamente aus der Spritze einnehmen
Du benötigst:
- Spritze
- Babybrei oder Banenenmatsche (mit der Gabel zerdrückt): Früchte-Brei, Karottenbrei oder andere milchfreie Produkte ohne Zuckerzusatz aus dem Glas für Babys ab dem 4. Monat (die für ältere Kinder enthalten oft Stückchen). Teste, was dein Meerschweinchen besonders gerne mag.
So trainierst du es…
- Gewöhne dein Meerschweinchen daran, dass die Spitze toll ist. Wenn es bereits negative Erfahrungen mit der Spritze gemacht hat, dann lege sie ein paar Tage zum Futter und schmiere sie mit etwas Babybrei ein.
- Schmiere an das Ende der Spritze den Lieblings-Babybrei und fülle die Spritze damit auf. Strecke sie deinem Meerschweinchen entgegen, so dass es das Ende abschlappert.
- Drücke langsam ab, wenn es an der Spitze schlappert. Nicht zu schnell!
- Das wiederholst du 1-2x je Woche, bis dein Meerschweinchen die Spritze liebt! Wiederhole es dann zuminest ein paar mal im Monat weiter…
Wenn dein Meerschweinchen Medikamente einnehmen muss…
- Wichtig: Die Spritze wird trainiert, bevor man es benötigt, wenn das Meerschweinchen bereits Medikamente braucht, kann man es nicht plötzlich trainieren! Sonst verknüpft dein Meerschweinchen die Spritze negativ (Zwang, schlechter Geschmack…)!
- Nehme den gewöhnten Brei und vermische viel Brei mit dem Medikament, so dass es so stark verdünnt ist, dass es nicht herausgeschmeckt wird.
- Ziehe anfangs Brei ohne Medikament auf, in der Mitte einen mit Medikament, und am Ende einen ohne. Mache den Brei ohne Medikament an die Öffnung.
- Füttere nun dein Meerschweinchen aus der Spritze.
Man kann natürlich nicht nur diese Dinge bei bringen, sondern noch viele mehr, z.B. das freiwillige in die Ohren schauen lassen.
Alles macht man nach dem gleichen Prinzip in kleinen Schritten mit einer positiven Verknüpfung. Es würde nur den Rahmen sprengen, das alles hier genau zu erläutern.
Somit viel Spaß beim ausprobieren!