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img_4361Die größten Mythen der Meerschweinchen-Ernährung

„Es ist leichter ein Atom zu zertrümmern als ein Vorurteil.“

Albert Einstein

1. „Meerschweinchen sollten täglich 100g Gemüse pro Kilogramm Körpergewicht erhalten“
(100g-Regel)

Diese Regel wurde vor vielen Jahren im Internet als Faustregel für die benötigte Menge Frischfutter festgelegt. Dabei ging es nicht um eine Idealmenge sondern um den für das Überleben notwendigen Bedarf. In einer Zeit, in der die Menschen das Heu und Trockenfutter durch etwas Gemüse ergänzten, half die Regel ihnen zu realisieren, dass eine gewisse Menge Frischfutter für Meerschweinchen wichtig ist.

Leider wurde die Regel so unhinterfragt und Jahre später immer noch in einem komplett falschen Kontext gestellt und als Idealmenge dargestellt.

Meerschweinchen fressen in freier Natur nahezu nur Frischfutter, deshalb ist die Menge zum Überleben im Alltag nicht ausreichend um sie ausgewogen zu ernähren. Es wird empfohlen immer so viel Grünfutter zu füttern, dass es bis zur nächsten Mahlzeit reicht und dieses durch Fruchtgemüse, Knollengemüse und wenig Obst zu ergänzen. So sollte Frischfutter, wie Heu, rund um die Uhr verfügbar sein.wassernapf

Man sagt „das Internet vergisst nie“, es ist aber scheinbar weniger das Internet und mehr der Kreis der Halter, der jahrelang diese Regel weiter trug und an ihr festhielt, ohne sie zu hinterfragen. Vermutlich da es einfacher ist, eine Regel weiter zu geben, als sich tiefer mit dem Thema zu beschäftigen. Das erleben wir auch immer wieder selbst, wenn Halter klare Regeln und Pläne fordern. Diese geben vielen Haltern Sicherheit, alles richtig zu machen.

2. „Nasses Frischfutter ist unverträglich und führt zu Verdauungsproblemen.“

Ob ein Meerschweinchen nasses Frischfutter frisst oder aber trockenes Frischfutter aufnimmt und dazu trinkt, ergibt dasselbe: Wasser und Frischfutter im Verdauungstrakt. Beides ist völlig unproblematisch, sofern das Meerschweinchen an Frischfutter gewöhnt ist. Auch wilde Meerschweinchen nehmen an Regentagen nasses oder in den Morgenstunden tau-getränktes Frischfutter ohne Probleme zu sich.

Viele Züchter und Halter füttern nasses Frischfutter, ohne jemals Probleme gehabt zu haben. Wissenschaftliche Futterversuche bestätigen das ebenfalls.

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Die Vorfahren unserer Meerschweinchen legen an Regentagen keine Fastentage ein sondern fressen sehr gerne nasses Grünfutter – ganz ohne Verdauungsstörungen.

Wie kam es aber dann zu diesem Gerücht?

Nasses Frischfutter ist in einer Beziehung doch kritischer zu sehen als trockenes: Eingepresst im Warmen oder in der Sonne gelagertes Frischfutter, das noch dazu nass ist, gärt besonders schnell und vergorenes Frischfutter bekommt den Meerschweinchen nicht. Daher sollte man Frischfutter immer locker lagern und nasses Frischfutter nicht zu lange liegen lassen.

3. „Die Grundnahrung von Meerschweinchen ist Heu.“

Wilde Meerschweinchen ernähren sich von einer vielfältigen Auswahl an verschiedenen Wildkräutern, Gräsern und Blättern. Unsere Hausmeerschweinchen haben immer noch den fast identischen Verdauungstrakt und die gleichen Ernährungsansprüche. Ihre Grundnahrung sind somit Wiesenkräuter und Gräser. Heu hingegen sind getrocknete Gräser (und teilweise ein wenig getrocknete Kräuter). heuDurch den Trocknungsprozess gehen noch dazu viel Flüssigkeit und auch Vitamine und Nährstoffe verloren. Heu ist der natürlichen Grundnahrung somit nicht ebenbürtig, sondern lediglich ein nicht perfekter Ersatz für die Grundnahrung unserer Meerschweinchen.

Heu ist im Vergleich zur eigentlichen Grundnahrung (Wiesen-Kräuter) minderwertig und einseitig.

4. „Meerschweinchen müssen ständig fressen.“

Studien haben ergeben, dass ausgewachsene Meerschweinchen ca. 30 Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen. Sie fressen somit nicht durchgehend, sondern in vielen kleinen Portionen. Von einem ständigen Fressen kann nicht die Rede sein. Richtig wäre hingegen: „Meerschweinchen brauchen rund um die Uhr ein vielfältiges Nahrungsangebot und fressen über den Tag verteilt immer wieder kleinere Mengen. Die Hauptportion der Nahrung wird in den Dämmerungszeiten aufgenommen.“

5. „Kräuter haben eine medizinische Wirkung und sollten daher wenig verfüttert werden. Zum einen können sie bei gesunden Meerschweinchen Nebenwirkungen auslösen, zum anderen wirken sie dann nicht mehr im Krankheitsfall.“

kaninchen-kräuterDie obige Aussage bezieht sich wohl eher auf den Menschen, der ein Allesfresser ist. Die menschliche Ernährung ist nicht mit der Meerschweinchenernährung vergleichbar. Ein Tier, dessen Grundnahrung Pflanzen sind, hat keinerlei Probleme mit deren Verwertung.

Dass Kräuter, die zuvor gefüttert wurden, im Krankheitsfall nicht mehr wirken, ist falsch. Im Gegenteil: Durch die regelmäßige Kräuteraufnahme kann vielen Krankheiten vorgebeugt werden. Damit Kräuter ihre ganze Wirkung entfalten, verwendet man spezielle Lagermethoden, Trocknungsmethoden und spezielle Verfahren (Wickel, Aufgüsse etc.).

Die im Zoohandel abgepackten Kräuter sind somit meistens weniger wirkungsvoll. Allerdings können Meerschweinchen mit der Wirkung verschiedener Kräuter perfekt umgehen und selektieren sie entsprechend, um Selbstmedikation zu erreichen oder unerwünschte Wirkungen auszugleichen.

6. „Künstliche Vitamine sind wichtig und unbedenklich in der Meerschweinchenernährung“

Die artgerechte Ernährung kann nicht durch ein Trockenfutter mit Vitaminvormischungen ersetzt werden, es gibt mehr als 100 weitere Stoffe, die für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Meerschweinchen wichtig sind und über die Nahrung aufgenommen werden. Das heißt: Eine artgerechte Ernährung ist unabhängig von zugesetzten Vitaminen unumgänglich.
Und wenn man nun sowieso artgerecht ernährt, braucht man im Gegenzug keine synthetischen Vitamine. Wenn man nun nicht artgerecht ernährt, sind künstliche Vitamine vielleicht „besser als gar nichts“ aber so eine Ernährung kann ich nicht empfehlen.

Warum ist es nun besser, den Bedarf natürlich zu decken als über synthetische Vitamine?

  • Chemisch sind künstliche und natürliche Vitamine nicht identisch, z.B.
    Natürliches Vitamin E: RRR-a- Tocopherol = d-a- Tocopherol
    Synthetisches Vitamin E: all-rac-a- Tocopherol = d,l-a- Tocopherol
  • Die volle Wirkung entfalten Vitamine nur wenn sie in die ganzen Begleitstoffe der Pflanze eingebunden sind, sie haben dann eine deutlich positivere Wirkung auf die Gesundheit als synthetische Vitamine
  • Die Stoffe, die wir als synthetische Vitamine zu uns nehmen, gibt es so in der Natur nicht. Als Vergleich könnt ihr euch vielleicht noch an euren Chemie-Unterricht erinnern. Ein Stoff hat völlig andere Eigenschaften wenn er mit einem anderen Stoff gemischt ist oder separat. So kommt Uran beispielsweise im Wasser und im Gestein vor (ungefährlich), wenn man es nun jedoch entnimmt und in seiner Reinform verwendet, sollte man damit keinen direkten Kontakt haben.
  • Die Bioverfügbarkeit und Resorption ist höher als bei synthetischen Vitaminen.
  • Eine Überdosis an natürlichen Vitaminen (die ja eingebunden sind in ihr Milieu in der Pflanze) ist nicht schädlich, wenn man den Stoff jedoch rein verabreicht (nicht eingebunden in ein natürliches Mileu), also z.B. synthetische Vitamine, dann ist eine Überdosis oft schädlich.
  • Durch Pflanzenbegleitstoffe kommt es zu einer Verstärkung der Wirksamkeit, im synthetischen Vitamin sind diese nicht mitenthalten (z.B. erfährt das Vitamin C eine vierfache Wirkverbesserung durch Bioflavonoide)
  • Die Gefahr für Allergien und unerwünschten Wirkungen ist geringer

7. „Kräuter/Karottengrün etc. enthalten zu viel Kalzium und sollten daher nicht zu viel verfüttert werden.“

Meerschweinchen sind als Pflanzenfresse auf die Aufnahme und Verwertung von Kräutern spezialisiert.

Trotzdem hier noch einmal die Erklärung zum Kalzium-Problem:

gehege meerschweinchen 2Kalzium ist ein überlebenswichtiges Mineral, das dem Körper über die Nahrung zugefügt werden muss. Normalerweise sind auch Kalziumüberschüsse kein Problem, denn der hohe Wassergehalt in der natürlichen Nahrung unserer Meerschweinchen (Kräuter bestehen zu ca. 80% aus Wasser) verdünnt es und so wird es ohne Probleme wieder ausgeschieden. Ist der Wassergehalt jedoch niedriger (Konzentratfütterung – auch Heu ist ein Konzentrat!), so sammelt sich das Kalzium in konzentrierter Form in den Organen an. Mangels Wasser entsteht eine konzentrierte Kalziumpampe, die sich gut ablagert. Wäre mehr Wasser vorhanden, so käme es nie zu dieser konzentrierten Form von Kalzium, das Wasser würde das Kalzium verdünnen und spielend mit ausspülen (durch viel Wasser kommt es zu einer guten Durchspülung) und Ablagerungen kämen gar nicht zu Stande. Der Übeltäter der vielen Blasen- und Nierenerkrankungen ist somit nicht das Kalzium, sondern in erster Linie eine trockene Fütterung – die unnatürlich ist.

Füttert man also artgerecht mit viel Frischfutter, so ist Kalzium kein Problem. Zum Problem wird es bei Konzentratfütterung, noch dazu, wenn die Konzentrate viel Kalzium enthalten (Trockenfutter, Heu…). Getrocknete Kräuter haben übrigens im Schnitt einen geringeren oder ähnlichen Kalziumgehalt im Vergleich zu Heu.

8. „Meerschweinchen müssen viel Heu fressen. Wenn sie das nicht tun, stimmt etwas nicht und man sollte sie dazu zwingen.“

kaninchen-heuMeerschweinchen fressen oft lieber Frischfutter als Heu und die Halter sind daraufhin sehr besorgt, weil ihr Meerschweinchen keine großen Mengen an Heu frisst. Meerschweinchen wissen jedoch, was ihnen gut tut, daher ziehen sie Frischfutter vor. Heu ist nur der Ersatz für frische Gräser (die eigentliche Grundnahrung der Meerschweinchen), es ist vitamin- und wasserärmer als Frischfutter und somit als Futtermittel nachteilig. Wenn Meerschweinchen kein Heu fressen, ist das somit überhaupt nicht problematisch, wenn es dafür viele Gräser, Kräuter, Blattgemüse usw. bekommt. Das ist sogar viel gesünder als eine heulastige Ernährung.

Füttert man viel Wiesengrün oder andere blattreiche Futtermittel, so wird das Meerschweinchen automatisch wenig Heu fressen und das gesündere Nahrungsmittel (Frischfutter) auswählen.

9. „Meerschweinchen können keine Giftpflanzen selektieren.“

kaninchen gartenEin Mythos, der sich recht hartnäckig hält, da viele Halter verständlicherweise Angst haben, ihre Meerschweinchen zu vergiften. Meerschweinchen haben allerdings die Möglichkeit, mit ihren Sinnen (Geschmack, Geruch…) Pflanzengifte wahrzunehmen. Da Giftpflanzen ihre Gifte produzieren, um Fraßfeinde vom Verzehr abzuhalten, wäre alles andere auch Unsinn. Meerschweinchen nehmen einen Probebiss, mit dem sie die Pflanze einschätzen lernen. Es geht sogar noch viel weiter: Meerschweinchen sind in der Lage, die Gifte in Pflanzen zu nutzen, indem sie sie gezielt bei Krankheiten konsumieren. Unsere Industrie verwendet diese Wirkstoffe in Medikamenten.

Übrigens werden heute Tiere in der Forschung eingesetzt, um nicht messbare Unterschiede an Lebensmitteln festzustellen. Tiere bevorzugen im Labor beispielsweise Bio-Gemüse gegenüber herkömmlichem Gemüse, ohne dass der Mensch im Labor mit modernsten Testmethoden einen nennenswerten Unterschied findet!

Das Selektionsvermögen der Meerschweinchen hat jedoch auch seine Grenzen! Hochgiftige Pflanzen sollten beispielsweise nicht angeboten werden. Das Selektionsverhalten wird durch eine unzureichende Haltung und Fütterung erschwert.

10. „Futterpflanzen mit vielen ätherischen Ölen sind nicht als Futter geeignet“

meerschweinchen kaninchenÄtherische Öle sind vielfältig und ebenso vielfältig sind ihre Wirkungen. Fenchel enthält beispielsweise viele ätherische Öle und diese wirken verdauungsregulierend und entkrampfend. Ätherische Öle zählen zu den bioaktiven Substanzen, eine mangelhafte Versorgung mit bioaktiven Substanzen führt nach heutigem Stand der Wissenschaft zu diversen Krankheiten. Ihnen wird eine gesundheitsfördernde Wirkung durch wissenschaftliche Studien im Humanbereich zugeschrieben.

Ätherische Öle verleihen Pflanzen ihre Heilwirkung und schützen sie vor Fressfeinden, Bakterien, Viren und Pilzen. Sekundäre Pflanzenstoffe wirken antikanzerogen (gegen Krebs), antimikrobiell, antiviral, krampflösend, schleimlösend, antithrombotisch, antioxidativ, immunmodulierend, beruhigend/anregend und enzündungshemmend. Sie senken den Cholesterinspiegel und beeinflussen den Blutzucker und den Blutdruck.

In erster Linie enthalten ätherische Öle Monoterpene, welche sich positiv auf verschiedene Krankheiten auswirken (besonders Atemwegserkrankungen, Verdauungsstörungen). In konzentrierter Form können sie leicht die Gesundheit schädigen (die Schelimhäute reizen, Allergien auslösen), füttert man ätherische Öle allerdings in der Pflanze und noch dazu bei einer abwechslungsreichen Ernährung, so üben sie einen positiven Effekt auf die Gesundheit unserer Meerschweinchen aus. Die Futterpflanzen der wild lebenden Meerschweinchen enthalten sehr viel ätherische Öle, diese sind somit ein wichtiger Bestandteil der Futtermittel.

11. „Alle Kohlsorten sowie Klee müssen aus dem Speiseplan verbannt werden, da sie blähend wirken.“

Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Kohl für Aufgasungen verantwortlich ist. Meerschweinchen sind Pflanzenfresser und vertragen Kohl sehr gut, sofern er langsam angefüttert wird.
Allerdings macht handelsübliches Trockenfutter die Verdauung oft krank, greift die Darmschleimhäute an, gefährdet das Gleichgewicht in der Verdauung und verlangsamt die Verdauung und somit den Stoffwechsel so stark, dass natürliches Futter nicht mehr vertragen wird. Das betrifft nicht nur Kohl sondern auch anderes Futter wie z.B. frisches Gras, die eigentliche Hauptnahrung der Meerschweinchen.
Setzen Sie ungesundes Trockenfutter ab, dann können sie nach zwei Wochen problemlos Kohl anfüttern. Er beschleunigt die Verdauung und hält sie dadurch sogar recht gesund und aktiv.
Kohl ist beim Meerschweinchen allerdings niemals Hauptfutter sondern nur ein Ergänzungsfutter, das aber gerne ergänzend täglich gereicht werden darf.

12. „Die Fütterung von viel Frischfutter führt zu Magenüberladungen oder anderen Verdauungsproblemen.“

Meerschweinchen nehmen täglich durchschnittlich dreißig mal Futter auf. Füttert man rationiert, so ist das Meerschweinchen gezwungen, zwei Hauptmahlzeiten einzunehmen und sich von den natürlichen „30 Mahlzeiten“ weit zu entfernen. Wildlebende Meerschweinchen haben rund um die Uhr ein vielfältiges Nahrungsangebot um sich – hunderte von Kräutern, Gräsern und anderen Pflanzen. Meerschweinchen sind also in der Lage, sich das Futter gut einzuteilen.
ad libitum gehegeWie wirkt sich die Fütterung von unbegrenzt Frischfutter aber auf den Verdauungstrakt und das Fressverhalten aus? Füttert man rationiert, so stopft das Meerschweinchen die Nahrungsmittel eilig in sich hinein, weil es gewohnt ist, dass es anschließend nur noch Heu zur Verfügung hat und keine artgerechten Futtermittel (Gräser, Wiesenkräuter usw.). Desweiteren nimmt es nur Hauptmahlzeiten zu den Zeiten ein, zu denen es Frischfutter erhält. Hat es hingegen immer eine vielfältige Nahrungsauswahl zur Verfügung, so kann es bequem seine 30 Mahlzeiten zu sich nehmen, ohne schlingen zu müssen – wie in der Natur. Eine Ad-libitum-Ernährung ist somit sehr schonend für die Verdauungsorgane, da der natürliche Fressrhythmus nicht gestört wird. Zu Magenüberladungen kommt es hingegen, wenn die Meerschweinchen sich ausgehungert auf eine Portion Frischfutter stürzen und gar nicht genug bekommen können, weil sie wissen, dass es danach nur noch einseitiges Heu geben wird.

13. „Heu ist gleichwertig mit frischer Wiese.“

Heu besteht oftmals nur noch aus Gras und Pflanzenstielen, ohne Kräuter und andere Pflanzen. Ein Meerschweinchen frisst in freier Natur jedoch fast nur die Blattspitzen, nährstoffreiche Pflanzenteile und Blätter – nicht aber die verholzten Stiele. Bei der Heuwerdung gehen alleine durch das Abbröckeln der Blätter über 50% der Nährstoffe verloren. Weitere 6-8% an Nährstoffen verliert das Heu pro Monat der Einlagerung. Bei frischem Heu bedeutet das (8 Wochen abgelagert), dass im besten Fall „nur“ 62% der Nährstoffe verloren gegangen sind (50% durch die Verluste der Blätter, 12% durch 2 Monate Ablagerung).

garten heuHier noch ein paar Vergleichsdaten zu Heu und Gras in frischer Form (Kräuter werden außer Acht gelassen, die würden das Ganze noch einmal extremer machen):
– Gras enthält durchschnittlich 200mg ß-Carotin und 200mg Vitamin E
– Heu enthält durchschnittlich 20mg ß-Carotin und 30mg Vitamin E
Dar größte Nachteil von Heu gegenüber der Wiese kommt jedoch erst noch: Der Wassergehalt. Während Heu nur einen minimalen Wassergehalt hat (weniger als 15%), enthält Wiese 80-90% Wasser. Die Folgen einer zu wasserarmen Fütterung sind vielfältig und leider teilweise lebensverkürzend und tödlich (z.B. Nierenversagen).
Quellen: „Vitamine in der Tierernährung“ Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung – „Kaninchenfütterung“ Lackenbauer, Willi

14. „Bei Durchfall muss man immer eine Heudiät machen.“

img_9280Jeder kennt die Empfehlungen, wenn ein Mensch Durchfall hat: Viel trinken, der Körper verliert Wasser. Bei Meerschweinchen ist es genauso: Erkrankt ein Meerschweinchen an Durchfall, so hat es natürlich einen immensen Wasserverlust zu verkraften, Heu ist allerdings sehr wasserarm.

Durchfall entsteht übrigens, wenn sich Hefen, E. Coli-Bakterien, Kokzidien oder andere Bestandteile der Darmflora zu stark ausbreiten und die gesunde Darmflora überwuchern. Das ist der Fall, wenn die Ernährung nicht richtig zusammengesetzt oder das Tier geschwächt ist. Wurden neue Futtermittel angefüttert und folgt darauf ein Durchfall, so sollten diese selbstverständlich wieder abgesetzt oder langsamer angefüttert werden.
Bei Durchfall sollte nur Futter angeboten werden, das bekannt ist, vertragen wurde und gut verdaulich ist! Nicht nur Heu gehört in diese Rubrik, im Gegenteil, Heu ist zu wasserarm. Bei Durchfall muss das Meerschweinchen unbedingt eine wasserreiche Ernährung erhalten, um das verlorene Wasser wieder auszugleichen. Mögliche andere Futtermittel sind:
– Apfel: Die enthaltenen Pektine dicken den Darminhalt ein und stoppen so den Durchfall.
– gekochte Karotten: Erst durch das Kochen werden wirksame Oligogalakturonsäuren freigesetzt.
– Heidel- und Preiselbeeren: Enthalten Oligogalakturonsäuren.
– magen-darmfreundliche Kräuter: Enthalten verschiedene Wirkstoffe.
– strukturreiches Frischfutter (Heu, (Wiesen)Kräuter, Gräser, Blattgemüse): Die Struktur unterstützt die Verdauung.
– Bananen: Sie schützen die Schleimhäute
– Haferflocken: Nur bei wässrigem, akuten Durchfall, die Energie ist in dem Fall sehr wichtig!
Vorausgesetzt natürlich, das Meerschweinchen kennt und verträgt diese Futtermittel. Wird ein Meerschweinchen nur mit Heu und Trockenfutter ernährt, so bleibt einem tatsächlich nichts anderes übrig, als bei Durchfall „nur Heu“ zu verfüttern.

15. „Gewichtsschwankungen deuten auf eine Krankheit hin, durch regelmäßiges Wiegen kann man Krankheiten rechtzeitig feststellen“

Jahreszeitliche Gewichtsschwankungen sind recht natürlich und kein Anzeichen für Erkrankungen (z.B. eine Zunahme im Winter durch Winterspeck). Trotzdem kann es hilfreich sein, die Meerschweinchen zu wiegen, denn gerade starke Abnahmen, die nicht auf jahreszeitliche Schwankungen zurückzuführen sind, können ein Krankheitszeichen sein.

16. „Wenn ein Meerschweinchen nicht trinkt, ist es krank.“

wassernapfMeerschweinchen decken in freier Natur ihren Wasserbedarf hauptsächlich durch ihre Futtermittel, Wiesenpflanzen bestehen aus ca. 80% Wasser. Zusätzlich trinken sie aus Bächen, Pfützen usw. Auch Gemüse und Obst sind sehr wasserreich. Wenn man seine Meerschweinchen mit sehr viel Frischfutter füttert, wird es auch nur sehr wenig oder gar nichts trinken. Krank ist es deswegen jedoch nicht, es deckt seinen Wasserbedarf nur auf natürlichem Wege. Wasser sollte aber trotzdem rund um die Uhr angeboten und täglich erneuert werden! Trotzdem sollte natürlich immer frisches Wasser angeboten werden.
Trinkt ein Meerschweinchen hingegen plötzlich von einem Tag auf den anderen nichts mehr, obwohl die Fütterung nicht wasserreicher ist als sonst, kann das schon ein Krankheitszeichen sein, ebenso wenn extrem viel getrunken wird.

17. „Bei einer Ad-libitum-Ernährung vergammelt nur das Futter.“

Wenn man zweimal täglich das Futter kontrolliert (2x täglich müsste man ja auch füttern, wenn man rationiert füttert), wird kein Futtermittel der Welt zu faulen anfangen. Das meiste Gemüse hält sich sogar 2-3 Tage, frische Gräser und  Wiesenkräuter halten sich meist 24 Std.

18.“Meerschweinchen bekommen von zu viel Grün- und anderem Frischfutter Durchfall.“

img_9704In der Natur fressen Meerschweinchen meistens zu einem sehr großen Anteil Frischfutter, nämlich viele verschiedene Pflanzen. Unsere Hausmeerschweinchen haben den fast identischen Verdauungstrakt. Reagiert ein Meerschweinchen auf Frischfutter mit Durchfall, so wird es entweder falsch ernährt, so dass die Verdauung bzw. die Zähne nicht mehr einwandfrei funktionieren, oder aber es wird falsch verabreicht (plötzlich große Mengen, vergoren etc.).

Eine weitere Ursache können Zahnerkrankungen sein, die u.U. chronisch sind und einer regelmäßigen Kürzung bedürfen.

19.“Industrielles Trockenfutter ist optimal auf die Bedürfnisse des Meerschweinchens angepasst.“

Eher müsste es heißen: Kommerzielles Mischfutter ist optimal auf die Bedürfnisse der Industrie angepasst, denn in den Meerschweinchenfuttermischungen ist nicht etwa das enthalten, was unsere Meerschweinchen brauchen, sondern vielmehr das, was in der Industrie an Abfällen anfällt und einen „Abnehmer“ benötigt, der dafür auch noch viel Geld zahlt.
Beispielsweise sind auf jeder Futterverpackung in den Inhaltsstoffen „pflanzliche Nebenerzeugnisse“ zu finden. Das sind nicht näher definierte Abfälle, die bei der Produktion eines anderen Produktes anfallen. Bei den handelsüblichen Trockenfuttern haben wir also einen Brei aus Abfällen der Industrie. Da unsere Meerschweinchen so etwas nie fressen würden, wird dieser Brei mit künstlichen Aromen angereichert, so dass ihn jedes Tier liebt. Übrigens lieben meine Katzen Meerschweinchentrockenfutter. Warum eine Katze ein rein pflanzliches Produkt, das völlig artfremd ist, so liebt, kann man nun selbst weiter denken… Da dieser Brei aber auch noch unappetitlich aussieht, wird er noch in verschiedenen Farben eingefärbt. Gelb steht hierbei für Getreide, grün für Kräuter, so steht es zumindest in den Lehrbüchern der Futtermittel-Designer geschrieben und tatsächlich scheint es beim Verbraucher diesen Anschein zu erwecken. Er denkt, dass er seinem Tier etwas Gutes tut. Da dieser Brei nahezu völlig vitaminfrei ist, wird er noch mit synthetischen Vitaminen angereichert, allerdings meist überdosiert. Teilweise sind die Vitamine um das 10fache überdosiert, die 5fache Menge ist die Regel. Dass Überdosierungen zu Schäden führen, das wird uns verschwiegen…
Sekundäre Pflanzenstoffe und andere wichtige Substanzen fehlen hingegen gänzlich. Die Zusammensetzung ist somit alles andere als ideal.

20.“Nur Trockenfutter gewährleistet eine optimale Versorgung mit allen Nährstoffen!“

kaninchentrockenfutter fütternAlle essentiellen Nährstoffe sind auch in anderen Futtermitteln enthalten, es gibt keinen einzigen Nährstoff, der ausschließlich im Trockenfutter existiert. Ansonsten wären sämtliche wildlebenden Meerschweinchen schon krank oder gestorben. Im Gegenteil, viele Meerschweinchen leiden bei einer Trockenfutterernährung unter Mängeln. Die Grafik recht zeigt, dass Fertigfuttersorten für Meerschweinchen nicht auf die Tierart angepasst werden.

21. „Trockenfutter (wie z.B. Pellets) ist für den Zahnabrieb zuständig und wichtig.“
22. „Die Meerschweinchen-Zähne werden durch harte Futtermittel abgeschliffen.“
23. „Brot ist für den Zahnabrieb nützlich.“
24. „Grobes, langes Heu ist wichtig für den Zahnabrieb, deshalb müssen Meerschweinchen viel Heu fressen.“

An dieser Stelle fasse ich eben vier Mythen zusammen und erkläre den Zahnabrieb von Grund auf: Für den Zahnabrieb ist die Dauer des Kauens von Bedeutung. Je länger das Meerschweinchen kaut (die Zähne aufeinander reibt), desto besser werden die Zähne abgerieben. kaninchen-zahnabriebWenn das Futter besonders gut schmeckt und wenig satt macht, fressen die Meerschweinchen besonders viel und kauen somit auch viel länger (= besserer Zahnabrieb). Daher ist ein Futter, das nicht so schnell satt macht und gut schmeckt, am besten für den Zahnabrieb. Desweiteren spielt die Kieselsäure eine Rolle. Kieselsäure ist in allen Pflanzen enthalten und schmirgelt die Zähne zusätzlich. Ideal ist eine Nahrung, die wenig satt macht, sehr gut schmeckt und kieselsäurereich ist. Trockenfutter und Brot machen viel zu schnell satt (wenig Kaubewegungen) und sind daher ungeeignet. Die Härte des Futters wirkt sich nicht auf den Zahnabrieb aus. Für den Zahnabrieb sind folgende Futtermittel gut geeignet: Blattgemüse, Wiesenkräuter, Gräser, Küchenkräuter, Heu, anderes Gemüse…
Am besten nutzt frisches Gras die Zähne ab.

26. „Meerschweinchen können nicht selektieren, bei der Fütterung mit unbegrenzt Frischfutter verfetten sie.“

wiese grasenAllgemein macht eine solche nicht dick, wild lebende Meerschweinchen haben ja auch rund um die Uhr ein gigantisches Nahrungsangebot um sich. Problematisch wird es allerdings, wenn die Haltung und die Futtermittel nicht stimmen. Die Futtermittelauswahl muss grundsätzlich auf die Haltungsform abgestimmt werden, zumindest muss man ein Auge darauf haben. Gräser, Heu und Wiesenkräuter ad libitum kann man jedem Meerschweinchen geben, auch wenn es im Käfig lebt. Blattgemüse ist ebenfalls in der Hinsicht völlig unproblematisch. Knollen- und Fruchtgemüse kann man, wenn auch Blattgemüse, Gräser und Wiesenkräuter ad libitum zur Verfügung stehen, auch zur freien Aufnahme anbieten, denn dann werden die Meerschweinchen sowieso die Blätter bevorzugen . Samen, Getreideähren und Ähnliches sollte man nur bei Bedarf füttern und dann auch ggf. rationiert. Es ist wichtig, die Meerschweinchen zu beobachten und sich anzuschauen (wie bei jeder anderen Fütterung auch). Man kann durch die Futtermittel Einfluss auf den Energiegehalt der Nahrung nehmen. Aber: Die meisten Meerschweinchen machen das ganz von alleine. Wenn sie den Energieverbrauch nicht haben, fressen sie auch weniger energiehaltige Nahrungsmittel.
Wann eine solche Ernährung aber schief gehen könnte:
1. Es ist keine echte Ad-libitum-Ernährung, es werden nur einseitige Futtermittel oder falsche Futtermittel angeboten (z.B. handelsübliches Trockenfutter, kein Blattgemüse/Gräser/Wiesenkräuter ad libitum (das muss vorhanden sein!)
2. Das Meerschweinchen lebt so beengt, dass es aus Langeweile frisst und es werden extrem einseitige oder falsche Futtermittel angeboten.
Auch wildlebende Meerschweinchen haben rund um die Uhr ein reichhaltiges Angebot an verschiedenen Futtermitteln um sich. Fett werden sie dadurch nicht, sondern gesund und munter!

27. „Getreidefreies Futter ist ein gesunder Ersatz für Mischfutter.“

Jahrelang wurden Meerschweinchen mit getreidehaltigen Trockenfuttern als Grundnahrung gefüttert, dadurch kam es zu diversen Verdauungsproblemen und Krankheitsbildern. Dann ging der Trend weiter weg vom getreidehaltigen Futter und irgendwann kamen dann neue Trockenfutter auf den Markt, die damit werben, dass sie „getreidefrei“ oder „ohne ganze Getreidekörner“ sind. Auch getreidefreies Trockenfutter ist sehr problematisch. Trockenfutter bleibt Trockenfutter, auch wenn kein Getreide enthalten ist. Es quillt im Magen auf und bringt im Extremfall die Magenwände zum Reißen, was tödlich endet. Auch die Zusatzstoffe bzw. allgemein die Inhaltsstoffe in solchen Futtermitteln sind teilweise haarsträubend. Ein Trockenfutter sollte grundsätzlich als Energie- und Ergänzungsfutter eingesetzt werden und zwar gut dosiert. Das heißt, dass es nur im Bedarfsfall in kleinen Mengen verabreicht wird. Auf keinen Fall sollte man auf Pellets oder andere gemahlene und wieder verklumpte Trockenfutterbestandteile zurückgreifen, da sie den oben erwähnten Quelleffekt haben und die Struktur durch den Mahlvorgang zerstört wurde. Auch, wenn sie getreidefrei sind, richten sie den gleichen Schaden wie anderes Trockenfutter an. Als Energie- und Ergänzungsfutter eignet sich eine Mischung aus Samen, getrockneten Kräutern und evtl. etwas getrocknetem Gemüse.

28. „Getreide ist Gift für Meerschweinchen.“

In folgenden Fällen ist Getreide tatsächlich unverträglich:

  • Wenn Weizen oder Roggen verfüttert wird. Die Sorten werden schwer vertragen, lieber auf anderes Getreide ausweichen.
  • Wenn Getreide zum Hauptfutter wird. Getreide sollte grundsätzlich lediglich eine Ergänzung sein!
  • Wenn das Getreide falsch angeboten wird (Körner). Es muss grundsätzlich mit Spelz verfüttert werden (Getreideähren oder Körner mit Spelz!)
  • Wenn es stark verarbeitet ist (für Trockenfutter gemahlen, gepresst etc.) und somit die Struktur fehlt.

In wirklich geringen Mengen kann Getreide als Ergänzung gelegentlich gefüttert werden. Beispielsweise kann man saisonal (Herbst) Getreide in Ähren den Meerschweinchen anbieten, sofern sie als Hauptnahrung Gräser, Wiesenkräuter, Blattgemüse, Kräuter und andere artgerechte Futtermittel bekommen.

29. „Salate, Gurke usw. sind minderwertig, da sie kaum Nährstoffe/viel Wasser enthalten“

gehegeDiese Gemüsesorten haben tatsächlich einen sehr hohen Wassergehalt. Wiesenpflanzen (die natürliche Grundnahrung unserer Meerschweinchen) haben aber ebenfalls einen sehr hohen Wassergehalt. Unsere Meerschweinchen-Haustierernährung ist in den meisten Fällen viel zu wasserarm, gerade weil trockene Futtermittel (Heu, Trockenfutter…) als Hauptbestandteil verfüttert werden. Dadurch kommt es zu vielfältigen Erkrankungen (Nieren, Blase). Gerade wasserreiche Futtermittel sind deshalb sehr wichtig für die Meerschweinchenernährung. Dass Gurken oder Salat einen geringen Nährstoffgehalt haben, stimmt nicht. Betrachtet man die Trockenmasse und analysiert die Nährstoffdichte, so sind sie genauso nährstoffreich wie andere Gemüsesorten. Nur, wenn man das viele Wasser mit einrechnet, ist der Nährstoffgehalt natürlich gering.

30. „Pellets bestehen aus gepressten Kräutern.“

Oftmals wird der Tipp gegeben, im normalen Trockenfutter die bunten Bestandteile rauszusortieren und nur die gesunden Pellets zu verfüttern oder gleich ein Futtermittel aus Pellets anzubieten. Diese Pellets bestünden aus Kräutern und seien nicht so schädlich. Diese Pellets bestehen allerdings weder aus Kräutern, noch sind sie gesünder als der Rest. Meistens sind Pellets gepresste Bestandteile, die grün eingefärbt werden. Zutaten für Pellets sind verschiedene Grünmehle, Getreide, Abfälle aus der Industrie, abhängig machende Aromen usw. Die grüne Farbe ist künstlich und täuscht über den tatsächlichen Inhalt hinweg.

31. „Die Ernährung sollte aus 80% Heu und 20% Frischfutter bestehen.“

heuschlafAuch diese Empfehlung ist, genau wie die 100g-Regel (Mythos 1), nicht empfehlenswert, um seine Meerschweinchen artgerecht zu versorgen. Wilde Meerschweinchen finden kein Heu in der Natur, sie fressen zu 100% frische Gräser, Kräuter, Früchte und Blätter. Auch unsere Haus-Meerschweinchen sollten so ernährt werden, denn ihre Verdauung ist immer noch fast identisch mit der von wilden Meerschweinchen. Sie sind somit auf eine solche frische Ernährung angewiesen. Frischfutter sollte nach Möglichkeit 100% der Nahrung ausmachen. Hat man keine Möglichkeit, Frischfutter von der Wiese zu sammeln, so kann man ersatzweise Küchenkräuter, Gemüsegrün und Blattgemüse als Hauptbestanteil verfüttern und das Ganze mit anderem Gemüse, Obst, Heu und anderen Futtermitteln ergänzen.

 

32. „Obst und Gemüse muss man heiß waschen.“

Wissenschaftler haben festgestellt, dass es keinen Unterschied macht, ob das Wasser kalt oder heiß ist – die Pestizide können trotz heißen Waschgangs nicht besser entfernt werden, dafür schädigt das heiße Wasser aber das Gemüse, es wird schlapp und alt und hält sich nicht mehr lange. Desweiteren werden lebenswichtige Vitamine zerstört! Viel wirkungsvoller ist kaltes Wasser und eine Bürste oder ein Tuch zum Abrubbeln. Heißes Wasser ist lediglich notwendig, wenn Obst bewachst ist (z.B. Äpfel mit glänzender Oberfläche aus dem Supermarkt), denn Wachs wird durch heißes Wasser besser gelöst.

33. „Bei Obst und Gemüse sollte man die Schale abschälen, bevor es die Meerschweinchen bekommen.“

meerschweinchen fütternDie meisten Vitamine liegen direkt unter der Schale und werden somit beim Schälen mitentfernt, deshalb ist es nicht sinnvoll, Frischfutter zu schälen, sondern besser gründlich zu waschen (siehe Mythos 32), nur sehr, sehr stark belastete Gemüsesorten sollten geschält werden, hier überwiegt der Schaden.

35. „Apfelkerne sind giftig und müssen aus dem Apfel entfernt werden, bevor man ihn füttert.“

Apfelkerne enthalten etwa 1mg Sambunigrin je Kilo. Sambunigrin ist ein cyanogenes Glycosid, was zu Blausäure und Traubenzucker zerfällt, wenn es in Kontakt mit Wasser kommt.

kräuter2Ein ausgewachsenes Meerschweinchen müsste mehrere Kilo Apfelkerne fressen um daran Schaden zu nehmen! Wie viel wiegt ein Apfelkern? Wie viel Kerne hat ein Apfel? Blausäure wird im Körper wieder abgebaut, d.h. diese Menge müsste zudem innerhalb einer Stunde eingenommen werden. Wird für die Menge länger als eine Stunde gebraucht, muss eine größere Menge gefressen werden. Eine Menge von 6-8kg Apfelkerne ist unrealistisch hoch, solche Mengen bezwingt kein Meerschweinchen. Selbst, wenn man Meerschweinchen ausnahmlos mit Apfelkernen (ohne ein anderes Futter!) füttern würde, würden sie dies überleben. Apfelkerne in kleinen Mengen, wie sie bei der Fütterung mit ganzen Äpfeln gereicht werden, sind unschädlich.

37. „Steinobstäste enthalten Blausäure und dürfen daher nicht gefüttert werden.“

Die Äste von allen Steinobstfrüchten (Kirsche, Zwetschge, Mirabelle…) können problemlos verfüttert werden. Sie enthalten weder Blausäure noch Amygdalin, ein cyanogenes Glycosid, das zu Blausäure und Fruchtzucker zerfällt, wenn es in Kontakt mit Wasser kommt. Amygdalin ist lediglich im Kern der Steinobstfrüchte enthalten, aber nicht in der Rinde oder in den Blättern. Welche Zweige darf ich füttern?

„Die Cyanide sind nur in den Samen der Obstkerne enthalten. D.h. die Äste der Steinobstarten dürfen den Chinchillas, Meerschweinchen und Zwergkaninchen angeboten werden, sofern sie nicht gespritzt wurden.“ Frau Dr. Jacqueline Kupper, Universität Zürich: Quelle: ZZA 4/2003 S. 57

„Einem hartnäckigen Gerücht zufolge, das im Internet kursiert, sollen jedoch die Zweige von Steinobstbäumen giftige Blausäure enthalten. Da ich solche Zweige an viele meiner Nager schon verfüttert hatte, unternahm ich damals für meine beiden Hamsterbücher aufwendige Recherchen. Baumschulen und Gärtnereien waren sehr verwundert, weil Kaninchen und andere Nager ihre jungen Obstbäume vielmehr oft mit Begeisterung zernagten, und das ohne die geringste Vergiftung. Dr. Petra Wolf von der Tierärztlichen Hochschule Hannover berichtete mir dann, dass sie im Jahr 1995/96 eine leider unveröffentlichte Studie durchgeführt hat. Es wurden sämtliche einheimischen Kernobstbäume und Laubbäume getestet. Lediglich Pappel- und Weidenzweige enthalten blausäurehaltige Verbindungen, doch im sehr geringen Maß. Eine 2003 an der Universität Zürich durchgeführte Untersuchung kam zu demselben Ergebnis.“ Judy Fox in Chinchillas: Artgerecht halten, pflegen und züchten, 2009, S. 43.

38. „Der Verdauungstrakt des Meerschweinchens hat mit dem seiner wilden Verwandten wenig zu tun, denn unsere Haus-Meerschweinchen sind domestiziert.“

img_6656Der Verdauungstrakt der Haus-Meerschweinchen ist vom Aufbau her identisch mit dem der WildMeerschweinchen. Unterschiede sind nur in der Größe und Länge einzelner Abschnitte zu finden. Daraus lässt sich aber nicht die Notwendigkeit einer anderen Ernährung ableiten. Wenn man ein Cuy-Meerschweinchen genauso wie ein anderes füttert, so muss man auch die Ernährungsansprüche für wilde Meerschweinchen auf Haus-Meerschweinchen übertragen.

39. „Obst (z.B. Apfel) ist extrem zuckerhaltig und darf deshalb nur 2-3x die Woche gefüttert werden.“

obst apfelIm Vergleich zu Gemüse hat Obst einen etwas höheren Zuckergehalt, 100g Apfel enthält 10g Zucker, die gleiche Menge in Form von Karotten beinhaltet etwa nur halb so viel Zucker. Interessant wird es aber, wenn man sich den Zuckergehalt von Heu anschaut, denn Heu enthält etwa genauso viel Zucker wie ein frischer Apfel und wird trotzdem vielerorts als Hauptnahrung empfohlen. Warum sollte man nun Heu unbegrenzt anbieten und Apfel (der den gleichen Zuckergehalt hat) nur 2-3x die Woche? Aber ist so ein hoher Zuckergehalt (egal ob aus dem Heu oder aus dem Apfel) nicht unnatürlich oder ungesund für Meerschweinchen? Löwenzahn, der zur natürlichen Nahrung des Meerschweinchens gehört, enthält nur ein Zehntel weniger Zucker als frischer Apfel. Da man Apfel nicht als Alleinnahrung füttert, sondern in einer Mischung, gleichen sich die Komponenten ideal aus. Obst sollte natürlich immer nur eine Ergänzung sein, zur täglichen Futterportion kann jedoch auch Obst gereicht werden.

43. „Die Schneidezähne werden durch das Benagen von Holz (Äste etc.) oder anderen harten Gegenständen abgenutzt.“

img_4932Die Härte des Futters hat für den Zahnabrieb (egal ob für die Backen- oder Schneidezähne) kaum eine Bedeutung. Die Schneidezähne werden durch die Mahlbewegungen des Unterkiefers beim normalen Kauen abgenutzt und nicht durch das Benagen von Ästen. Somit sind Zweige nicht für den Schneidezahn-Abrieb wichtig, können aber trotzdem angeboten werden, denn sie sind ein geeignetes Beschäftigungsmaterial und ihre sekundären Pflanzenstoffe sind wichtig in der Meerschweinchenernährung.

Quelle: Wolf, P/Kamphues, J./Soltan, M.: Vergleichende Untersuchungen zu Fütterungseinflüssen auf die Entwicklung der Schneidezahnlängen bei Kaninchen, Chinchillas und Ratten. 1995

44. „Meerschweinchen haben einen Stopfmagen oder Stopfdarm“

Das Wort „Stopfmagen“ klingt beängstigend, oft wird es zusammen mit der Geschichte präsentiert, dass Meerschweinchen rund um die Uhr Futter „nachstopfen“ müssten, damit die Verdauung möglich wäre (weil keine Peristaltik vorhanden sei) und das Meerschweinchen sonst sterben würde. Meerschweinchen verfügen über Peristaltik (Muskulatur), sie ist lediglich weniger ausgeprägt als beim Menschen, aber sie ist vorhanden! Wie bei jedem anderen Tier (und auch beim Menschen) ist die Aufenthaltsdauer der Nahrung im Magen und Darm an die Nahrungsaufnahme gekoppelt. Wenn das Meerschweinchen hungert oder unzureichend ernährt wird, findet weniger Kotabsatz statt und der Verdauungsbrei wandert langsamer vorwärts. Allerdings ist dieser Punkt nicht der einzige, der sich auf die Dauer auswirkt. Ebenfalls einen Einfluss hat die Aktivität des Meerschweinchens: Wenn es sich viel bewegt, ist die Verdauung schneller als wenn es vorwiegend herumsitzt. Auch psychische Einflüsse und die Nahrungsbeschaffenheit (Fasergehalt) haben eine gewaltige Wirkung auf die Geschwindigkeit.
Nimmt ein Meerschweinchen keine Nahrung zu sich, so sorgt die Peristaltik dafür, dass sich der Magen langsam leert. Dies kann der Tierarzt ertasten. Trotzdem ist es für Meerschweinchen nicht gesund, wenn sie keine Nahrung zu sich nehmen. Da sie einen sehr schnellen Stoffwechsel haben, bauen sie sehr schnell ab.   Verweigert ein Meerschweinchen die Nahrungsaufnahme, so muss es umgehend einem Tierarzt vorgestellt werden. Es gibt viele Ursachen für Nahrungsverweigerung (Schmerzen, Übelkeit, Verdauungsstörungen, Zustand nach der Narkose, …), damit das Tier gezielt behandelt werden kann, muss Diagnostik (Blutbild, Röntgenbild, Kotprobe…) erfolgen. Je nach Ursache kann eine Zwangsernährung nötig werden. Siehe Päppeln/Zwangsernährung

Quellen u.a.:
– Nehring K., Lehrbuch der Tierernährung und Futtermittelkunde, Neumann Verlag,1959, 7. Auflage

45. „Ich habe Angst, meine Meerschweinchen zu vergiften und füttere daher keine frischen Grünpflanzen, sondern nur Heu und Gemüse.“

selektionVor Unbekanntem hat man bekanntlich am meisten Angst. Heu gibt es im Zoohandel und deshalb wird es als „sicher“ eingeschätzt, zudem füttert man es ja schon seit Jahren, ohne seine Meerschweinchen zu vergiften. Grünfutter hingegen ist bisher fremd in der Fütterung. Es gibt jedoch auch einige Pflanzen, die im Heu giftig sind, denn Heu ist auch nichts anderes als ein Gemisch aus Grünpflanzen, also Wiese. Der einzige Unterschied besteht darin, dass Grünfutter frisch und Heu getrocknet und lange gelagert ist. Manche Pflanzen verlieren ihre Giftigkeit durch die Trocknung bzw. sie wird abgeschwächt, aber Meerschweinchen können sich mit genauso großer Wahrscheinlichkeit am Heu vergiften wie am Frischfutter, denn Heu ist nicht giftfrei und sicher, wie oft fälschlich angenommen wird. Da sich Meerschweinchen aber auf Grund ihres guten Selektionsvermögens extrem selten bzw. nur bei groben Fütterungsfehlern vergiften, sind Vergiftungsfälle beim Heu genauso selten beim Meerschweinchen wie Vergiftungsfälle überhaupt. Und wenn sich ein Meerschweinchen vergiftet, wird meist als letztes ans Heu gedacht. Die gefährlichsten Pflanzen im Heu ist die Herbstzeitlose, ihre Giftigkeit wird durch die Trocknung nicht vermindert. Im frischen Grün können die Meerschweinchen diese Pflanze verhältnismäßig gut aussortieren, da sie noch ihren ursprünglichen Geruch und Geschmack haben, im Heu sind sie oft zerbröselt, geruchlos, weil sie nur noch nach Heu riechen, und nicht mehr so auffällig im Geschmack, so dass sie gerne mitgefressen werden. Zudem kann Heu auch stark gespritzt sein, direkt neben der Autobahn gewachsen sein, bei der Lagerung oder Trocknung in Kontakt mit Giftstoffen gekommen sein (in der Scheune an Motorenöl etc.), mit Seuchen  kontaminiert sein oder durch schlechte Lagerung Schimmelsporen enthalten, die ebenfalls giftig wirken. Und auch Gemüse kann die Meerschweinchen gefährden, denn oftmals ist Gemüse stark mit Giften belastet, die auf dem Feld zum Schutz der Pflanzen gespritzt werden. Auch handelsübliches Meerschweinchenfutter enthält oftmals Giftstoffe (an dieser Stelle sei das Buch „Katzen würden Mäuse kaufen“ empfohlen, das die Machenschaften der Futtermittelindustrie aufdeckt). Vergiftungen sind bei gut gefütterten Meerschweinchen sehr selten; sie können sich jedoch, wenn, dann genauso am Heu wie an Frischfutter oder Gemüse vergiften. Wiesengrün ist nicht gefährlicher als Heu und Gemüse oder fertige Meerschweinchenfutter. Die beste Vorbeugung ist eine Fütterung, die dem Meerschweinchen immer Ausweichmöglichkeiten bietet, so dass es das vergiftete Futter nicht zwingend fressen muss, sondern es liegen lassen und etwas anderes fressen kann (Ad libitum-Ernährung).

Pflanzenbestimmung für Sammel-Einsteiger

46. „Heubrösel aus der Heutüte sind gefährlich für Meerschweinchen.“

Gewarnt wird vor Verdauungsproblemen, die durch diese „Brösel“ auftreten sollen. Bei den Bröseln handelt es sich meist um die feineren Bestandteile, d.h. vor allem Blätter und alle feineren, ungestielten Pflanzen. Warum sollten diese Pflanzen getrocknet zu Verdauungsproblemen führen? Tun sie nicht, wie tausende Meerschweinchenhalter, die Trockenkräuter verfüttern, beweisen. Denn Trockenkräuter sind auch nichts anderes. Eine Gefahr von diesen Krümeln geht nur aus, wenn die Meerschweinchen fast nur mit Heu ernährt werden und sich heißhungrig auf die Brösel stürzen. Ein gesund ernährtes Meerschweinchen mag die Krümel zwar oftmals ganz gerne, aber es wird nicht ausgehungert über sie herfallen. Egal, was das Meerschweinchen herunter schlingt: Wenn Meerschweinchen schlingen, kommt es zu Verdauungsproblemen. Aus diesem Grund reagieren manche Meerschweinchen auf Gemüse, Frischfutter, Heubrösel usw. „allergisch“. Beim Schlingen wird weniger gekaut und große Mengen auf einmal statt stetig kleine Mengen gefressen, das widerspricht dem natürlichen Fraßverhalten der Meerschweinchen und somit auch ihrer Verdauungs-Physiologie.

47. „Knollengemüse ist ein Dickmacher und extrem kalorienreich!“

Knollengemüse ist kein absoluter Dickmacher. Oft wird dazu geraten, Knollengemüse wie Karotten, Rote Beete oder Knollensellerie bei dicken Tieren zu streichen, um sie auf Diät zu setzen. So eine Maßnahme ist nicht sinnvoll, denn Knollengemüse ist im Verhältnis zur natürlichen Nahrung (Gräser und Wiesenkräuter) nicht kalorienreich.

kaloriengehalt-frischfutter

48. „(Knollen)Gemüse enthält extrem viele Kohlenhydrate (Zucker, Stärke), welche die Darmflora ins Ungleichgewicht bringen! Deshalb müssen Meerschweinchen mit Heu und Wiese ernährt werden und dürfen nicht größere Mengen Gemüse erhalten.“

Gemüse ist eher arm an Kohlenhydraten, denn Meerschweinchen fressen in der Natur eine deutlich kohlenhydratreichere Kost! Auch Heu ist nicht arm an Kohlenhydraten.

kohlenhydratgehalt kaninchenfutter

50. „Meerschweinchen können nur einheimische Pflanzen selektieren, weil sie exotische Pflanzen nicht erkennen.“

img_4873Dies ist eine der kreativsten Ernährungs-Mythen. Deshalb wird oft argumentiert, dass Meerschweinchen nur Sachen aus der Natur und Heu zu fressen bekommen dürften. Wie Meerschweinchen dann das Heu „erkennen“, bleibt allerdings offen, denn es ist ja auch kein Naturprodukt. Meerschweinchen selektieren nicht, indem sie eine Karotte oder einen Löwenzahn sehen und denken: „Ah, das ist eine Möhre, da darf ich 86g von essen“, also die Pflanze „erkennen“, sondern indem sie mit ihrem Geschmacks-, Tast- und Geruchssinn das Fressen untersuchen (beschnuppern, Probebiss…) und bei späterem Kontakt mit der Pflanze den Geruch usw. wieder erkennen. Anhand der Sinneswahrnehmungen können sie das Futter einschätzen, egal woher es kommt. Zudem gibt es auch WildMeerschweinchen in tropischen Gebieten, diese Meerschweinchen selektieren auch erfolgreich die Pflanzenwelt in diesen Breitengraden. Meerschweinchen haben sich mittlerweile über die gesamte Erde ausgebreitet und auch in völlig neuen Gebieten mit abweichender Vegetation erfolgreich selektiert.

51. „Es gibt nur eine richtige Ernährung, und zwar MÜSSEN Meerschweinchen so gefüttert werden…!“

Mich fasziniert seit einiger Zeit besonders im Internet, dass die Ernährung von Meerschweinchen oftmals so einseitig mit Regeln, Normen und Gesetzen festgehalten wird. Früher hies es „Heu, Heu und nochmals Heu“, heute wird Heu fast verteufelt und es heißt nun „ad libitum und nichts anderes“. Ernährung ist vielschichtig und sicherlich gibt es einige Grundsätze, die wissenschaftlich unleugbar sind und Grundlagen für die Ernährungs-Gestaltung legen. Aber trotzdem hat Ernährung wahnsinnig viele Gesichter und ist dann ideal, wenn sie zu den gehaltenen Meerschweinchen und dem Lebensstil des Halters passt. Jedes Tier und jeder Halter ist individuell und gerade dadurch wird Ernährung vielschichtig beeinflusst. Das eine Meerschweinchen braucht unbedingt rund um die Uhr ein vielfältiges Futterangebot, ein anderes kommt mit durchgängig 2 Gemüsesorten und zwei Mahlzeiten, bei denen noch andere Sorten gefüttert werden, zurecht. Der eine hat die Möglichkeit, Kräuter anzubauen, der andere nicht. Der wichtigste Punkt bei der Ernährung von Meerschweinchen ist, sie zu beobachten und die Ernährung anzupassen. Auch, wenn Möhren allgemein traumhaft verträglich sind, kann es Tiere geben, die diese nicht ideal vertragen. Für sie kann dann eine andere Ernährung ideal sein als für andere Meerschweinchen. Ich möchte dazu aufrufen, die eigenen Meerschweinchen zu beobachten und sich auf Neues einzulassen, um behutsam auszuprobieren, was die ideale Ernährung für die eigenen Langohren ist, und weg von allen Ideologien, „Grundsätzen“ und festgefahrenen Ansichten zu gehen. Ich empfehle, Informationen immer kritisch, aber offen zu lesen – auch die Meerschweinchenwiese – und sich an verschiedenen Informationsquellen zu informieren.

52. „Wiesen, auf denen Hunde ausgeführt werden, dürfen nicht als Futter-Sammelstellen genutzt werden (Krankheitsübertragung über Hundekot).“

frisst meerschweinchenAn vielen Stellen im Internet wird vor Wiesen gewarnt, auf denen Hunde ihr Geschäft verrichten. Die meisten Erkrankungen sind wirtsspezifisch und befallen nur Hunde oder nur Meerschweinchen, fremde Tierarten stecken sich bei diesen Erkrankungen kaum bis gar nicht an.
Hundekot ist hingegen relativ unbedenklich, sofern man nicht direkt das Gras unter dem Haufen mitnimmt sondern etwas Abstand hält.

54. „Trockenfutter darf nicht gleichzeitig mit Frischfutter gereicht werden, weil es sonst zu Verdauungsstörungen kommt.“

Oft lese ich die Empfehlung, Trockenfutter versetzt zu Frischfutter zu verfüttern. Diese Empfehlung resultiert vermutlich aus der Beobachtung, dass sich manch ein Futter nicht mit Frischfutter verträgt. Zu Unverträglichkeiten kommt es beispielsweise wenn die Verdauung durch die Trockenfutter-Fütterung bereits krank ist, wenn man zu schnell das neue Frischfutter anfüttert oder wenn das Meerschweinchen Zahnspitzen hat (meist auch eine Trockenfutter-Folge).

Trockenfutter kann somit durchaus zu Unverträglichkeiten beim Frischfutter führen (Zahnspitzen, angeschlagene Verdauung), dies umgeht man jedoch nicht wirklich durch die getrennte Fütterung. Wichtig wäre vielmehr, das Frischfutter langsam anzufüttern und bei auftretenden Unverträglichkeiten langsamer vorzugehen oder eine Kotprobe und die Zähne kontrollieren zu lassen. Wenn das Trockenfutter extrem schlecht verträglich ist, kann man es von heute auf morgen mit Saaten ersetzen. Diese (und andere gesunde Trockenfutter wie z.B. Trockenkräuter) vertragen sich problemlos mit Frischfutter.

56. „Meerschweinchen aus schlechter Haltung, aus Innenhaltung oder die nicht auf der Wiese aufgewachsen sind, sind unfähig zu selektieren“

wiese-gehegePauschal unfähig sind Meerschweinchen dieser Herkunft und Haltungsform nicht. Meerschweinchen müssen jedoch langsam an das Selekieren der Nahrung herangeführt werden und auch eine artgerechte Haltung ist Voraussetzung. Wenn sie langsam an eine artgerechte, vielfältige Ernährung mit Pflanzen herangeführt wurden und gut gehalten werden, können sie nach kurzer Zeit ebenfalls selektieren.